Inzwischen stellen sich die Arbeiten am Kühlsystem als so komplex heraus, dass mit einer halbjährigen Abschaltung gerechnet werden muss.

 

dpa - Meldung vom 20.9.:

Genf (dpa) - Nach einer Panne am Kühlsystem ist der Teilchenbeschleuniger LHC bei Genf wieder abgeschaltet worden. Die Arbeiten zur Behebung des Schadens sollen zwei Monate dauern, teilte das Europäische Kernforschungszentrum CERN am Samstag mit. Die weltgrößte Forschungsmaschine, die erst am 10. September in Betrieb gegangen war, war bereits am vergangenen Wochenende vorübergehend abgeschaltet worden. Sie hatte am Freitag den Betrieb wieder aufgenommen. Dabei war erneut ein Strahl schneller Atomkerne durch den 27 Kilometer langen unterirdischen Beschleunigerring geschickt worden.

Dann habe Starkstrom aber wohl eine Elektroverbindung zwischen zwei Magneten durchgeschmort, berichtete das Forschungszentrum. Dabei sei als Kühlmittel verwendetes Helium entwichen. Nun müsse der entsprechende Sektor - einer von acht - erst einmal für eine Reparatur erwärmt werden, was insgesamt bis zur Wiederinbetriebnahme zwei Monate in Anspruch nehmen dürfte. Im Betriebszustand werden die starken Magneten des Beschleunigers auf minus 271,3 Grad Celsius tiefgekühlt, damit sie den erforderlichen extrem starken Strom vertragen.

Im «Large Hadron Collider» (LHC) werden Atomkerne nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und mit Magnetfeldern, die 100 000 Mal stärker sind als das irdische, auf eine Kreisbahn gezwungen. Bei gezielten Zusammenstößen der energiereichen Kerne wollen die Physiker mit haushohen Nachweisgeräten unter anderem erkunden, was kurz nach dem Urknall geschah, woraus die rätselhafte Dunkle Materie besteht und warum Materie überhaupt eine Masse besitzt. Nach Angaben des CERN ist der LHC die größte Maschine, die Menschen je gebaut haben. Die Versuche gelten mit als die schwierigsten, die Menschen je unternommen haben.

Nach 25- jähriger Planungs- und Bauzeit ist das "größte Experiment" der Menschheit an den Start gegangen.

Kollisionen von Protonen oder Bleiatomkernen untereinander erzeugen in winzigen Raumbereichen Zustände, wie sie eine Zehnbillionstel Sekunde nach dem Urknall vorgelegen haben.

Wird in den nächsten Jahren das Higgs-Teilchen gefunden, das zu dem Higgs-Feld gehört, durch das sich alle Elementarteilchen bewegen müssen und durch den Widerstand die Eigenschaft bekommen, die wir als Masse bezeichnen?

Werden die supersymmetrischen Teilchen gefunden und damit Theorien der Physiker bestätigt?

Gibt es höhere Dimensionen, die dafür sorgen, dass die Gravitation in unserem Raum so schwach ist? Dann könnte die Gravitation bei extrem kurzen Abstaänden so groß sein, dass Mini-Schwarze Löcher erzeugt werden, die allerdings ungefährlich sind, da sie in extrem kurzer Zeit wieder zerfallen müssten.

Kann das Innere der Protonen und Neutronen als Quark-Gluonen-Plasma freigelegt werden?

Werden die Bestandteile der Dunklen Materie gefunden?

Wer diese Fragen in das Modell der Elementarteilchen einordnen möchte, kann an usnerem Kursus über Elementarteilchenphysik ab dem 24.10. teilnehmen!

Kursbeginn: Einführung in die Elementarteilchenphysik

Weitere Informationen:  http://public.web.cern.ch/public/

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KET: Komitee für Elementarteilchenphysik

Die Erde wird nicht durch Schwarze Löcher verschlungen

Stellungnahme des KET zu den Behauptungen von Prof. Otto Rössler

In letzter Zeit sind in der Öffentlichkeit Befürchtungen laut geworden, dass mit der

Inbetriebnahme des Large Hadron Colliders (LHC) am Europäischen Zentrum für

Teilchenphysik (CERN) in Genf die Erde durch Schwarze Löcher verschlungen wird. Diese

Befürchtungen werden insbesondere durch Behauptungen von Prof. Dr. Otto E. Rössler, einem

Chemiker der Universität Tübingen, genährt. Seine Behauptungen beruhen jedoch auf falschen

und widerlegten Annahmen.

Von den Ergebnissen am LHC werden neue Einsichten in die grundlegenden Kräfte in der Natur,

ihrer elementaren Teilchen und auch in die Entwicklung unseres Universums nach einem

winzigen Bruchteil seiner ersten Sekunde erwartet. Es gibt eine Vielzahl von Spekulationen, was

am LHC entdeckt werden wird. Eine davon sind Mini Schwarzen Löcher, die durch die

Superstring – Theorie motiviert sind. Die Eigenschaften dieser Schwarzen Löcher am LHC haben

aber wenig mit denen der kosmischen Schwarzen Löcher gemeinsam. Falls, entgegen den

Erwartungen vieler Physiker, diese Phänomene am LHC nachgewiesen würden, würden

faszinierende Einsichten in die Fragen gewonnen werden, was Raum und Zeit sind. Unter keinen

Umständen aber würde eine Gefahr von ihnen ausgehen. Dies ist in zahlreiche Untersuchungen

unabhängiger Experten nachgewiesen worden ist.

Um die zum Teil in Öffentlichkeit erweckten falschen Eindrücke zu korrigieren, möchten wir auf

grundlegende Probleme in der Argumentation von Rössler eingehen. Wir verweisen außerdem

auf ausführlichere Untersuchungen.

Rössler interpretiert die Allgemeine Relativitätstheorie falsch

Nach Stellungnahmen von internationalen Experten auf dem Gebiet von Albert Einsteins

Allgemeiner Relativitätstheorie, wie Prof. Dr. Hermann Nicolai, Direktor am Max-Planck-Institut

für Gravitationsphysik, beruhen Rösslers Behauptungen auf grundlegenden Missverständnissen

der Einsteinschen Theorie. Rössler benutzt zwar Formeln der Allgemeinen Relativitätstheorie,

aber wendet sie so an, dass sie im Widerspruch zu experimentellen Ergebnissen stehen. Zum Teil

sind seine Interpretationen schon 1915 durch experimentelle Untersuchungen widerlegt worden.

Rösslers Arbeiten zu Schwarzen Löchern sind in keiner seriösen wissenschaftlichen Zeitschrift

veröffentlicht worden.

Rössler negiert die Grundlagen der Physik

Die Schwarzen Löcher am LHC, über die spekuliert wird, unterscheiden sich in wesentlichen

Punkten von den kosmischen Schwarzen Löchern. Letztere sind mindestens mehrere

Sonnenmassen schwer, die Schwarzen Löcher am LHC hingegen wären leichter als ein

Milliardstel eines Milliardstel Gramms. Aus den Grundlagen der heutigen Physik hat Steven

Hawking gefolgert, dass diese ‚Mini Schwarzen Löcher’ innerhalb kürzester Zeit zerstrahlen

sollten (Hawking-Strahlung).

Rössler negiert dies und folgert aus seinem falschen Verständnis der Allgemeinen

Relativitätstheorie, dass die Hawking-Strahlung nicht existiert. Damit widerspricht er sich

allerdings selber, denn aus seinen Annahmen folgt auch, dass überhaupt keine Schwarzen Löcher

produziert werden können.

Experimente und Beobachtungen zeigen: Der LHC ist sicher

Um ein mögliches Gefährdungspotential des LHC abzuschätzen, gehen unabhängige

Untersuchungen aber noch weiter und vermeiden selbst gut fundierte theoretische Annahmen, für

die es keinen experimentellen Nachweis gibt, wie z.B. die Hawking Strahlung. Stattdessen wird

benutzt, dass die Prozesse am LHC sich milliardenfach im Weltall abspielen. Wir wissen z.B.,

dass in jeder Sekunde ungefähr 100000 Protonen der LHC-Energie (und höher) als Teil der

natürlichen kosmischen Strahlung auf die Erde einfallen und ‚Mini Schwarze Löcher’

produzieren könnten. Wären diese Mini Schwarzen Löcher gefährlich, würde die Erde eventuell

gar nicht mehr existieren. Viel öfter trifft die kosmische Strahlung auf die Sonne und andere

größere Himmelskörper. Aus den kosmischen Beobachtungen folgt, dass von den eventuell am

LHC produzierten Schwarzen Löchern keine Gefahr ausgeht.

Zu diesen allgemeinen Untersuchungen vermeidet Rössler eine Stellungnahme.

Zusammenfassung

Die Behauptungen von Herrn Rössler halten einer genauen Untersuchung nicht stand und

beruhen auf falschen, widerlegten Annahmen. Falls die spekulativen Mini Schwarzen Löcher am

LHC produziert werden, bedeuten sie auf keinen Fall eine Gefährdung unserer Existenz. Dieses

Ergebnis wird nicht nur durch die äußerst gut getesteten physikalischen Theorien unterstützt,

sondern durch simple kosmische Beobachtungen. Vielmehr können wir durch den LHC einen

großen Schritt in der Erkenntnis erwarten, wie die Natur aufgebaut ist und wie sich das

Universum entwickelt hat.

 

 

Pressemeldung der dpa in deutsch:

Die größte Forschungsmaschine der Welt ist erfolgreich in Betrieb gegangen. Die Physiker am Europäischen Zentrum für Teilchenphysik CERN bei Genf schickten am Vormittag des 10. September 2008 den ersten Strahl aus Atomkernen durch den kompletten 27 Kilometer langen Ringtunnel des Teilchenbeschleunigers LHC. Künftig sollen fast lichtschnelle Atomkerne in der Anlage kontrolliert zusammenstoßen, um Aufschluss über die Geheimnisse des Urknalls, des geheimnisvollen dunklen Teils des Universums und der Materie zu geben. Die Vorbereitungen für den LHC laufen seit 25 Jahren.

«Das ist ein historischer Moment», sagte der designierte CERN-Generaldirektor Prof. Rolf-Dieter Heuer. «Ich bin schlichtweg begeistert.» Die rund drei Milliarden Euro teure Maschine der Superlative war Schritt für Schritt in Betrieb genommen worden, der Atomkernstrahl wurde jeweils um einen Achtelkreis weitergeleitet.

Die Physiker im CERN-Kontrollraum feierten jeden erfolgreichen Schritt mit großem Applaus. Als der Strahl einen Vollkreis umrundet hatte, brach wie bei einem Raketenstart spontaner Jubel aus.

Mit ersten Ergebnissen der gigantischen Wissenschaftsmaschine ist frühestens im nächsten Jahr zu rechnen. Der Teilchenbeschleuniger verläuft 100 Meter unter der Erde im Grenzgebiet Frankreichs und der Schweiz. Auch viele Deutsche sind an den Forschungen dort beteiligt.

Der «Large Hadron Collider» (großer Hadronen-Speicherring) war seit 1983 geplant und gebaut worden. Mit dem Rieseninstrument wollen die Physiker unter anderem untersuchen, was beim Urknall geschah, woraus die Dunkle Materie besteht, die im Universum rund vier Mal häufiger ist als die uns vertraute gewöhnliche Materie, und woher Teilchen ihre Masse beziehen. Forscher halten es für ausgeschlossen, dass die Anlage Schwarze Löcher erzeugen könnte, die die Erde verschlucken. Entsprechende Befürchtungen nannten sie «absurd».

Pressemeldung in Englisch:

Geneva, 10 September 2008. The first beam in the Large Hadron Collider at CERN1 was successfully steered around the full 27 kilometres of the world’s most powerful particle accelerator at 10h28 this morning. This historic event marks a key moment in the transition from over two decades of preparation to a new era of scientific discovery.

“It’s a fantastic moment,” said LHC project leader Lyn Evans, “we can now look forward to a new era of understanding about the origins and evolution of the universe.”

Starting up a major new particle accelerator takes much more than flipping a switch. Thousands of individual elements have to work in harmony, timings have to be synchronized to under a billionth of a second, and beams finer than a human hair have to be brought into head-on collision. Today’s success puts a tick next to the first of those steps, and over the next few weeks, as the LHC’s operators gain experience and confidence with the new machine, the machine’s acceleration systems will be brought into play, and the beams will be brought into collision to allow the research programme to begin.

Once colliding beams have been established, there will be a period of measurement and calibration for the LHC’s four major experiments, and new results could start to appear in around a year. Experiments at the LHC will allow physicists to complete a journey that started with Newton's description of gravity. Gravity acts on mass, but so far science is unable to explain the mechanism that generates mass. Experiments at the LHC will provide the answer. LHC experiments will also try to probe the mysterious dark matter of the universe – visible matter seems to account for just 5% of what must exist, while about a quarter is believed to be dark matter. They will investigate the reason for nature's preference for matter over antimatter, and they will probe matter as it existed at the very beginning of time.

 

“The LHC is a discovery machine,” said CERN Director General Robert Aymar, “its research programme has the potential to change our view of the Universe profoundly, continuing a tradition of human curiosity that’s as old as mankind itself.”

Aus pro-physik.de:

Der Erdkern ist wirklich fest 

Detailgenaue Analysen von Erdbebenwellen bestätigen, dass sich inmitten der Erde tatsächlich ein fester Eisenblock befindet.
 
Bristol (Großbritannien) – Seit 1936 die dänische Seismologin Inge Lehmann erste Hinweise auf einen festen Erdkern gefunden hatte, wurde diese Annahme nie ernsthaft in Frage gestellt. Immer mehr Indizien häuften sich seitdem an, doch direkte Beweise konnten die Geophysiker nicht liefern. Zwei britische Wissenschaftler stopfen diese Wissenslücke nun mit einer sehr detaillierten Analyse von Erdbebenwellen und veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Zeitschrift „Nature“.

„Wir präsentieren zwei Beobachtungen von Scherwellen im inneren Erdkern bei hohen Frequenzen“, berichten James Wookey und George Helffrich vom Department of Earth Sciences der University of Bristol. Die besten Daten, die auf einen festen Erdkern ab 5150 Kilometer Tiefe schließen lassen, lieferte ein Erdbeben mit der Magnitude 7,0 am 22. Februar 2006 in Mosambik. Von dort liefen Kompressions- und Scherwellen durch den gesamten Globus, um tausende Kilometer entfernt mit den 703 hochempfindlichen Bohrlochseismometern des japanischen Detektornetzwerks Hi-Net aufgezeichnet zu werden.

So schwach die Signale auch waren, konnten Wookey und Helffrich aus ihnen schlüssige Beweise für einen festen Erdkern herauslesen. Wichtig ist dazu die Unterscheidung zwischen Kompressions- und Scherwellen im Frequenzbereich zwischen 0,2 und 0,4 Hertz. Beide Wellenarten können sich in festen Körpern ausbreiten, aber nur Kompressionswellen durchdringen auch Flüssigkeiten. Nun zeigten die Seismogramme eindeutig, dass sich inmitten der Erde Scherwellen auf ihrem Weg vom Epizentrum bis zum Detektor ausbreiteten. Somit muss hier ein fester Körper existieren.

Einen weiteren Hinweis lieferte die Aufspaltung in zwei unterschiedlich schnelle Scherwellen, die sieben Sekunden voneinander getrennt nachgewiesen werden konnten. Das lässt auf einen anisotropen, elastische Körper im Erdkern schließen. So beweist die Analyse nicht nur, dass der Erdkern tatsächlich fest ist, sondern lässt auch Schlüsse auf den Aufbau des Erdkerns zu. In Kombination mit Laboruntersuchungen kann so bestimmt werden, wie unter den hohen Drücken im Erdkern flüssiges Eisen zu hexagonalen oder in kubischen Kristallstrukturen erstarrt. 

„Wookey und Helffrich könnten ein neues Fenster in das Dunkel des Erdkerns geöffnet haben. Solche Analysen haben eine großartige Zukunft“, beurteilt Kenneth C. Craeger diese jüngsten Ergebnisse. Mit weiteren Messungen der Scherwellen-Ausbreitung nach starken Erdbeben kann mit noch genaueren Daten über den kristallinen Aufbau des festen Eisenkerns gerechnet werden. 

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos:
Weitere Literatur:
  • Lehmann, I. Bur. Centr. Seismol. Int. A 14, 87–115 (1936).
  • Birch, F. Am. J. Sci. 238, 192–211 (1940).
  • Julian, B. R., Davies, D. & Sheppard, R. M. Nature 235, 317–318 (1972).

aus Pro-Physik.de:

Quantenobjekte aus Licht und Materie

Quantenobjekte aus Licht und Materie

MPQ-Physiker entdecken neuartige optische Nichtlinearität für die Steuerung einzelner Photonen durch einzelne Photonen

Moleküle sind bekanntermaßen mehr oder weniger komplexe Gebilde aus Atomen. Wir wissen dagegen, dass sich einzelne Lichtquanten nicht zu Molekülen verbinden können, da sie kaum jemals in Wechselwirkung miteinander treten. Aber wie steht es mit Molekülen aus Licht und Materie, z.B. aus einem einzelnen Atom und einigen Photonen? So ein Molekül könnte tatsächlich existieren, vorausgesetzt, die Wechselwirkung zwischen Atom und Lichtquant ist stark genug. Unter dieser Bedingung können auch die Photonen dank der Mithilfe des Atoms miteinander in Wechselwirkung treten. Diese Photon-Photon-Wechselwirkung ist der Ursprung von Nichtlinearitäten, die nur mit den Gesetzen der Quantenmechanik erklärt werden können. In einem soeben veröffentlichten Experiment (Nature Physics, DOI 10.1038/nphys940) hat ein Team von Wissenschaftlern um Prof. Gerhard Rempe, Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (Garching bei München) ein einzelnes Atom mit zwei Photonen zu einem fragilen Molekül verbunden und dessen nichtlineare Eigenschaften nachgewiesen.


Abb. (siehe oben, anklicken) : Ein Atom zwischen zwei extrem guten Spiegeln tritt mit zwei Lichtquanten (Photonen) gleichzeitig in Wechselwirkung. Dies führt zu einem nichtlinearen Verhalten, wobei zwei einzelne Photonen zusammenwirken müssen, um zwischen die Spiegel zu gelangen.

Den hier geschilderten Arbeiten liegen ausgefeilte Techniken zugrunde, welche in den Labors von Prof. Rempe zur Erzeugung und Manipulation einzelner Atome und Lichtquanten entwickelt wurden. Die experimentelle Herausforderung folgt aus der theoretisch bedingten Notwendigkeit, exakt ein Atom zu haben, das mit genau zwei identischen Photonen in so starke Wechselwirkung tritt, dass das Atom und die Photonen ihre individuelle Identität verlieren.

Das Experiment beginnt mit der Kühlung atomarer Gase auf tiefe Temperaturen, so dass die Atome sehr langsam werden. Dann isolieren die Wissenschaftler ein einzelnes Atom vom Rest und leiten es an eine ganz bestimmte Stelle. Im zweiten Schritt wird an derselben Stelle Licht eingefangen, in einer "Falle", die aus zwei konkaven Spiegeln im Abstand von ungefähr einem Zehntel Millimeter besteht. Diese Spiegel umschließen auch das einzelne Atom. Der winzige Bereich zwischen den Spiegeln ist das Herz des Experimentes, wobei der gesamte Versuchsaufbau den Platz eines durchschnittlichen Wohnzimmers einnimmt.
Die Konzentration des Lichtes auf ein winziges Volumen hat den großen Vorteil, dass auf Grund der hohen Intensität des Lichtfeldes bereits ein Lichtquant ausreicht, um das Atom so zu "stören", dass es sich gewissermaßen mit ihm zu einem Molekül verbindet. Für die Konfiguration solcher Licht-Atom-Moleküle gibt es eine unbegrenzte Zahl an Möglichkeiten: Das Atom kann sich mit einem Photon verbinden, oder mit zweien, mit dreien, usw.. Die Existenz solcher Zustände wurde schon vor einem halben Jahrhundert vorher gesagt. Jeder Konfiguration entspricht ein anderer Energiezustand, der über die Spektroskopie des Moleküls nachgewiesen werden kann. 

Der einfachste Zustand - ein Atom und ein Photon - wurde bereits in vielen Experimenten beobachtet. Die Wissenschaftler interessieren sich aber vor allem für Objekte mit zwei Photonen, da deren Wechselwirkung spezifischen Regeln der Quantentheorie gehorcht, wie Dr. Karim Murr erläutert: " Vereinfacht kann man es so ausdrücken: Wenn man nur ein Atom und ein Lichtquant hat, dann absorbiert und emittiert das Atom dieses eine Lichtquant mehrere Male. Sind jedoch zwei Photonen vorhanden, dann muss das Atom eine Wahl treffen, da es nur ein Photon auf einmal absorbieren kann. Die Schwierigkeit bei der Wahl entsteht dadurch, dass beide Photonen ununterscheidbar sind. Das Atom wird also immer wieder ein Photon absorbieren oder emittieren, aber wir wissen nie, welches von beiden." Das Ergebnis dieser Unkenntnis ist eine effektive Wechselwirkung zwischen den beiden Photonen, die über das Atom vermittelt wird. 

Wie bei der Spektroskopie gewöhnlicher Atome oder Moleküle erfolgt die Anregung des Atom-Licht-Moleküls mit Laserlicht. Ingrid Schuster, Doktorandin am Experiment, und ihre Kollegen haben dem Zwei-Photon-Zustand in zwei unterschiedlichen Versuchsanordnungen nachgespürt. Zunächst variierten sie die Farbe des Lasers kontinuierlich. Bei geringen Laserintensitäten erhält man das Spektrum eines Moleküls aus einem Atom mit einem Photon, wie es bereits seit mehr als 10 Jahren bekannt ist. Bei höheren Intensitäten beobachtet man jedoch eine ausgeprägte Resonanz im Energiespektrum, die sich nur mit der Kopplung des Atoms an zwei Photonen erklären lässt. Für die Anregung dieser Resonanz ist es notwendig, dass das Molekül auf einen Schlag zwei Photonen absorbiert. 

In einem etwas anders gearteten Versuch haben die Wissenschaftler dann gezielt den Zwei-Photonen-Zustand untersucht. Mit einem Trick konnten sie vermeiden, dass der Ein-Photonen-Zustand überhaupt angeregt wurde. Es zeigte sich, dass das System bei niedrigen Laserintensitäten mehr oder wenig undurchlässig ist. Das liegt daran, dass die einzeln ankommenden Photonen nicht vom Molekül aufgenommen werden können. Je höher die Intensität ist, desto mehr Photonen-Paare sind im Laserlicht enthalten, so dass es immer häufiger Zustände aus einem Atom und zwei Photonen gibt. Das führt zu einem nichtlinearen Verhalten der Lichtdurchlässigkeit, die in guter Übereinstimmung mit den theoretischen Vorhersagen steht. 

Die hier geschilderte Arbeit dient in erster Linie der Grundlagenforschung, und dieser besondere Zustand aus Licht und Materie wird noch in diversen Experimenten genauer untersucht werden. Aber die Wissenschaftler können sich durchaus schon Anwendungen vorstellen. So könnte das gekoppelte Atom-Resonator-System als ein Zwei-Photonen-Filter dienen, in dem das eine Photon den Weg des anderen schaltet. So ein Einzel-Photonen-Transistor ließe sich in der Quantenkommunikation zwischen stationären Atomen und "fliegenden" Photonen einsetzen. [IS/OM]

Quelle: idw

Weitere Infos: 

  • Originalveröffentlichung:I. Schuster, A. Kubanek, A. Fuhrmanek, T. Puppe, P. W. H. Pinkse, K. Murr und G. Rempe
    "Nonlinear spectroscopy of photons bound to one atom"
    Nature Physics, DOI: 10.1038/nphys940

In einem extrem guten Vakuum könen Atome in hohen Anregungszuständen existieren. Dabei werden Elektronen bis in Zustände mit n = 200 angeregt. Solche Atome nennt man "Rydberg-Atome". Quantensprünge hochangeregter Rydberg-Atome innerhalb äußerer Zustände (Bahnen) werden vor allem im interstellaren Raum durch die dabei emittierte Radiostrahlung beobachtet.

Durch die Stöße der Atome untereinander, bleiben die hochangeregten Zuistände nicht lange erhalten, selbst in einem normalen Vakuum können solche Atome nicht existieren.

Barry Dunning und seinen Mitarbeitern an der Rice University in Houston ist es nun gelungen Kaliumatome in Rydbergzustände zu versetzen. Der Radius der Elektronen"bahnen" betrug ca. 1 mm, d.h. diese Atome könnte man mit dem bloßen Auge beobachten (falls sie undurchsichtig wären).

Durch gepulste elektrische Felder gelang es die Elektronen auf nahezu kreisförmige Bahnen zu lenken und dann die zeitliche Entwicklung der Elektronenverteilung darzustellen.

Nach den gesetzen der Quantenmechanik gibt es eigentlich keine Bahnen der Elektronen, lediglich Aufenthaltswahrscheinlichkeiten können angegeben und statistisch beobachtet werden. Durch Wechselwirkung der Quantenobjekte wird aber die makroskopische vertraute Welt konstruiert, in der auch Bahnen vorkommen. Das Verhalten der Kalium-Rydbergatome muss im Grenzbereich zwischen Quanternwelt und klassischer Welt liegen.

Physicists Create Millimeter-sized 'Bohr Atom'


Using laser beams and electric fields, Rice physicists coaxed a point-like, "localized" electron to orbit far from the nucleus of a potassium atom. (Credit: Jeff Mestayer / Rice University)

ScienceDaily (July 1, 2008) — Nearly a century after Danish physicist Niels Bohr offered his planet-like model of the hydrogen atom, a Rice University-led team of physicists has created giant, millimeter-sized atoms that resemble it more closely than any other experimental realization yet achieved.

 

Bohr offered the first successful theoretical model of the atom in 1913, suggesting that electrons traveled in orbits around the atom's nucleus like planets orbiting a star. Bohr's model led to a deeper understanding of both the chemical and optical properties of atoms and won him a Nobel Prize in 1922. But his notion of electrons traveling in discrete orbits was eventually displaced by quantum mechanics, which revealed that electrons don't have precise positions but are instead distributed in wave-like patterns.

"In a sufficiently large system, the quantum effects at the atomic scale can transition into the classical mechanics found in Bohr's model," said lead researcher Barry Dunning, Rice's Sam and Helen Worden Professor of Physics and Astronomy. "Using highly excited Rydberg atoms and a series of pulsed electric fields, we were able to manipulate the electron motion and create circular, planet-like states."

The team included members from Oak Ridge National Laboratory and Vienna University of Technology. Using lasers, the researchers excited potassium atoms to extremely high levels. Using a carefully tailored series of short electric pulses, the team was then able to coax the atoms into a precise configuration with one point-like, "localized" electron orbiting far from the nucleus. In fact, the atoms are true atomic giants, with diameters approaching one millimeter.

"Our measurements show that the electrons remain localized for several orbits and behave much as classical particles," Dunning said.

He said the work has potential applications in next-generation computers and in the study of classical and quantum chaos.

The research is available online in Physical Review Letters. Co-authors include Rice graduate students Jeffery Mestayer and Brendan Wyker, Rice postdoctoral researcher Jim Lancaster, Oak Ridge National Laboratory's Carlos Reinhold and the Vienna University of Technology's Shuhei Yoshida and Joachim Burgdörfer. The research was supported by the National Science Foundation, the Robert A. Welch Foundation, the Department of Energy and the Austrian Science Fund.

aus pro-physik.de:
 
Der perfekte Isolator
 
Ein internationales Forscherteam hat die Annahme widerlegt, dass ein perfekter Isolator nur theoretisch, das heißt am prinzipiell unerreichbaren absoluten Nullpunkt der Temperatur existieren kann.

Regensburg/Argonne (USA) – Ein Forscherteam unter der Leitung des Tieftemperaturphysikers Christoph Strunk, Professor an der Uni Regensburg, hat einen Supra-Isolator oder genauer gesagt, einen bislang unbekannten supra-isolierenden Zustand der Materie entdeckt. Damit wurde die Annahme widerlegt, dass ein perfekter Isolator nur theoretisch, das heißt am prinzipiell unerreichbaren absoluten Nullpunkt der Temperatur bei –273 °C existieren kann. 

Überraschend an der Entdeckung dieses Materiezustandes, der elektrischen Strom besonders gut isoliert, ist der enge Zusammenhang mit dem in vielen Metallen auftretenden Phänomen der Supra-Leitung: Dabei verlieren beispielsweise Blei, Zinn oder Aluminium bei einigen Grad über dem absoluten Nullpunkt ihren elektrischen Widerstand vollständig, sie setzen dem elektrischen Strom also keinerlei Widerstand mehr entgegen. Die Forschergruppe mit Mitgliedern aus Regensburg, Bochum, Novosibirsk (Russland), Leuven (Belgien) und Argonne (USA) hat dünne Schichten der Metalllegierung Titan-Nitrid untersucht, die bei tiefen Temperaturen unterhalb von 4,86 Kelvin ebenfalls supra-leitend ist. Macht man dieses Material jedoch weniger als fünf Nanometer dünn, so reagieren die darin enthaltenen Elektronen bei Anlegen einer kleinen elektrischen Spannung ganz anders, als in einer dickeren Schicht: Bei noch tieferen Temperaturen zwischen 20 und 70 Millikelvin und einem äußeren Magnetfeld von 0,9 Tesla wird eine so genannte Ladungsenergie aufgebaut, die den Stromfluss vollständig unterdrückt. Unter diesen extremen Bedingungen kann die Titan-Nitrid-Legierung einen Zustand mit einer unmessbar kleinen Leitfähigkeit erreichen. Dieser fundamental neue Zustand beruht auf der Unschärfe-Relation der Quantentheorie und verkehrt die Supra-Leitung in ihr exaktes Gegenteil.
 
Ergänzung: Nun verhält sich blockförmiges Titannitrid normalerweise wie ein Supraleiter. Eine dünne Folie weist dagegen herstellungsbedingt eine größere Zahl von Unregelmäßigkeiten im Kristallgitter auf. Die Störstellen verhindern, dass die ganze Titannitrid-Schicht durchgängig den Strom leitet. Vielmehr bilden sich viele winzige supraleitende Inseln. 

Auf den Inseln verbinden sich die Elektronen zu Paaren wie in einem herkömmlichen Supraleiter. Diese so genannten Cooper-Paare können sich, anders als einzelne Elektronen, reibungsfrei durch das Metall bewegen. Um nun quer über die Schicht zu reisen, müssen die Paare von Insel zu Insel springen. Doch die elektrische Abstoßung durch Cooper-Paare, die sich bereits auf der Zielinsel - der Ladungsenergie - befinden, erschwert das Inselhopping. Mit abnehmender Temperatur gelingt es somit immer weniger Cooper-Paaren zu springen, weil ihre Energie kleiner als die Ladungsenergie ist. Die Leitfähigkeit der Schicht sinkt mit abfallender Temperatur allmählich wie in einem herkömmlichen Isolator. 
Doch bei einer Temperatur von 20 Millikelvin erlebten die Forscher eine Überraschung: Die Leitfähigkeit der Titannitrat-Schicht stürzte abrupt ab. 

Warum? Mit der herkömmlichen Theorie ließ sich diese Supraisolation nicht erklären. Die Physiker bieten eine neue Deutung an: Bei sehr tiefen Temperaturen verbinden sich die Cooper-Paare über die Inselgrenzen hinweg zu einer Art Kollektiv und springen alle gleichzeitig. Dabei müssen sie aber auch die riesige kollektive Ladungsenergie sämtlicher Elektronen auf allen Inseln überwinden. Bei zu geringer elektrischer Spannung gelingt dies nicht, und der Strom kommt vollständig zum Erliegen. 

Erst bei einer höheren angelegten Spannung nimmt der Stromfluss wieder abrupt zu. Lawinenartig scheint an diesem Punkt die Beweglichkeit der Ladungen einzusetzen. „Ein Superisolator kann nicht auftreten ohne die Existenz von Supraleitung in dem gleichen Film“, sagt Valerii Vinokur vom Argonne National Laboratory. Auf dieser Erkenntnis baut die Erklärung auf, um das völlig entgegengesetzte Verhalten in ein und demselben Material bei nur geringfügig veränderten äußeren Bedingungen verstehen zu können.

Unterstützt mit theoretischen Abschätzungen schlagen die Physiker vor, dass beim Übergang von Supraleiter zum Superisolator elektrische Ladungen und magnetische Wirbel ihre Rollen tauschen. In Supraleitern können sich Ladungen in Form von Cooper-Paaren frei durch ein Material bewegen. Ein Magnetfeld durchdringt dabei das Material und bildet Feldquanten, die in wechselnden Richtungen rotieren. Beim Superisolator dagegen sollen die magnetischen Wirbel Paare bilden und um entgegengesetzte Ladungen zirkulieren. Dadurch werden die Cooper-Paare gebunden und an einer festen Position gehalten. Es kann überhaupt kein Strom mehr fließen und die elektrische Leitfähigkeit sinkt auf Null ab.

Unter Festkörperphysikern wird diese Erklärung allerdings nicht uneingeschränkt akzeptiert. „Diese theoretische Interpretation wird immer noch stark diskutiert“, sagt Paul Müller von der Universität Erlangen-Nürnberg. Auch wenn es sich hierbei um einen Disput unter Grundlagenforschern handelt, kann sich Vinokur auch praktische Anwendungen für Superisolatoren vorstellen. Er denkt dabei an eine perfekte Batterie, die wegen der unterbrochenen Leitfähigkeit sich überhaupt nicht mehr mit der Zeit bei ungenutzter Lagerung entladen kann. „Aber bis zu kommerziellen Modulen ist es noch ein weiter Weg“, so Vinokur.

Jan Oliver Löfken 

Weitere Infos:
Weitere Literatur:
  • Haviland, D. B., Liu, Y. & Goldman, A. M., Phys. Rev. Lett. 62, 2180–2183 (1989).
  • Orr, B. G., Jaeger, H. M., Goldman, A. M. & Kuper, C. G., Phys. Rev. Lett. 56, 378–381 (1986).
  • Geerligs, L. J. et al., Phys. Rev. Lett. 63, 326–329 (1989).