Der menschgemachte globale Klimawandel ist beschleunigt: Zu diesem Schluss kommen Berner Klimatologen in einer Untersuchung zur Geschwindigkeit von Klimaänderungen in den letzten 20.000 Jahren. Ihre Studie wurde in den „Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) publiziert.
Lufteinschlüsse in Eisbohrkernen aus der Antarktis und aus Grönland liefern der Forschung die zuverlässigsten Daten, wenn es darum geht, aktuelle Klimaveränderungen mit der globalen Klimageschichte zu vergleichen. Fortunat Joos und Renato Spahni vom Physikalischen Institut der Universität Bern und Mitarbeiter des Oeschger Centre für Klimaforschung haben nun Daten aus Eisbohrkernen im Hinblick auf die Geschwindigkeit von Klimaänderungen untersucht. Sie weisen nach, dass die Anstiegsraten der Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) im 20. Jahrhundert viel höher sind als jemals zuvor in den letzten 16.000 Jahren.
Die Treibhausgaskonzentration in der Luft beeinflusst den Strahlungsantrieb, welcher ein Maß ist für die Störung des Gleichgewichts zwischen eingestrahlter Solarenergie und abgestrahlter Energie von der Erdoberfläche und der unteren Atmosphäre. Der Strahlungsantrieb kann für alle Treibhausgase berechnet werden (in Watt pro Quadratmeter). Ein positiver Strahlungsantrieb führt zu einer Erwärmung, ein negativer zu einer Abkühlung. Der Strahlungsantrieb von CO2 stieg im 20. Jahrhundert über zehnmal schneller an als je zuvor in den letzten 22.000 Jahren. Allein in den letzten zwanzig Jahren stieg die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre um insgesamt 31 ppm (Teile pro Million). Eine gleich große Zunahme dauerte in der vorindustriellen Zeit immerhin noch 1600 Jahre, also achtzigmal länger.
Anhand des Strahlungsantriebs lassen sich natürliche und menschliche Einflüsse auf das Klima vergleichen. Für die natürlichen Faktoren wie Sonne und Vulkane kann dieser positiv oder negativ sein. In den letzten Jahrzehnten verursachten beide zusammen einen negativen Strahlungsantrieb und können also die heutige Erwärmung nicht erklären. Im Gegensatz dazu verursacht der menschgemachte CO2-Anstieg seit Beginn der Industrialisierung einen positiven Strahlungsantrieb.
Wie Joos und Spahni zeigen, ist die Geschwindigkeit der menschgemachten Veränderungen sehr groß im Vergleich zu den natürlichen Schwankungen des Strahlungsantriebs. Laut den Forschern legt dies nahe, dass die vom Menschen verursachte weltweite Klimaerwärmung in den letzten 40 Jahren schneller abläuft als jede natürlich verursachte globale Klimaerwärmung in einer vergleichbaren 40-Jahr-Periode im letzten Jahrtausend.
„Allgemein kann man sagen, dass die Geschwindigkeit, mit welcher die Treibhausgase ansteigen, einzigartig ist verglichen mit der Entwicklung in der Vergangenheit“, meint Joos. Und: Außergewöhnlich sei eben nicht nur das Ausmaß, sondern auch die Geschwindigkeit, mit welcher der Mensch das Klima heute weltweit verändert. „Falls keine oder nur schleppende Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen von CO2 und anderer Treibhausgase unternommen werden, wird sich die globale Erwärmung weiter beschleunigen und unsere Anpassungsfähigkeit strapazieren“, warnen die Forscher.
Quelle: Universität Bern
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
F. Joos und R. Spahni: Rates of change in natural and anthropogenic radiative forcing over the past 20,000 years. Proceedings of the National Academy of Sciences USA (PNAS), 2008 - Oeschger Centre for Climate Change Research:
http://www.oeschger.unibe.ch
Hawaii-Klimaschutzrunde
Honolulu/Berlin (dpa) - Die Bundesregierung setzt bei den weiteren internationalen Klimaschutzverhandlungen bis Ende 2009 besonders auf die Mitwirkung der USA. Das betonte der deutsche Umweltstaatssekretär Matthias Machnig am Donnerstag bei einer Konferenz von Industrie- und Entwicklungsländern in Honolulu auf Hawaii. Rein nationale und freiwillige Energiespar-Maßnahmen wie von Washington angekündigt könnten den Klimaschutzprozess unter dem Dach der Vereinten Nationen ergänzen. «Ersetzen können sie ihn jedoch nicht», sagte Machnig auf der von US-Präsident George W. Bush angestoßenen hochrangigen Konferenz der führenden acht Industriestaaten (G8) sowie wichtiger Entwicklungs- und Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien.
Zum Auftakt rief auch die Gouverneurin des US-Bundesstaates Hawaii, Linda Lingle, zu weltweiter Kooperation bei der Verminderung von Treibhausgasen und einer effizienteren Energienutzung auf. «Nur wenn wir es schaffen, uns über die eigene Politik und unser Ego hinwegzusetzen und uns auf die gemeinsame Stärke verlassen, werden wir signifikante Fortschritte machen», sagte Lingle nach Angaben der Zeitung «Honolulu Advertiser».
Beim Sonderklimagespräch von 16 Staaten mit dem größten Ausstoß von Treibhausgasen handelt sich um ein Folgetreffen der September-Konferenz 2007 in Washington. Eingeladen sind außerhalb des UN-Rahmens für Klimaschutz-Verhandlungen Repräsentanten der Staats- und Regierungschefs. Machnig vertritt als Beauftragter von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den derzeit in China weilenden Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD).
Der in diesem Jahr aus dem Amt scheidende Bush hatte sich beim G8- Gipfel der großen Industrieländer im Sommer 2007 in Heiligendamm und auch danach weiterhin gemeinsamen langfristigen Zielen zum Abbau der schädlichen Treibhausgase widersetzt. Auf der indonesischen Insel Bali im Dezember ernteten die USA erneut viel Kritik von Regierungen und Umweltschützern, stellten sich am Ende aber nicht dem Auftrag der übrigen Nationen entgegen, bis Ende 2009 über ein ab 2013 gültiges neues UN-Klimaschutzregime zur Ablösung des Kyoto-Protokolls zu verhandeln.
Machnig stellte als internationales Brems-Ziel für die weitere Erderwärmung erneut die Halbierung der Treibhausgase bis 2050 heraus. Nötig sei ein weltweit funktionierender Handel mit Kohlendioxid- Zertifikaten. Dazu seien «absolute, ambitionierte und vor allem bindende (CO2-)Reduktionsziele» erforderlich. Die Verhandlungen darüber «müssen im Rahmen der Vereinten Nationen» geführt werden.
Wärmerer Atlantik verursacht mehr Hurrikans
London (dpa) - Die wachsende Zahl von Hurrikans über dem Nordatlantik hängt nach Untersuchungen britischer Klimaforscher eng mit den steigenden Wassertemperaturen zusammen. Seit 1995 sei die Zahl der Wirbelstürme im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1950 bis 2000 deutlich gestiegen, schreiben Mark Saunders und Adam Lea vom University College London im Journal «Nature». Dieser Anstieg sei zu 40 Prozent durch die wärmere Oberfläche des Atlantiks bedingt.
Über den Anteil des Treibhauseffekts an den stärkeren und häufigeren Stürme macht die Studie keine Aussage. Sowohl die vom Menschen verursachte Klimaerwärmung als auch turnusmäßige Strömungsveränderungen im Atlantik werden dafür verantwortlich gemacht. Saunders und Lea bestimmten nun erstmals den konkreten Anteil, den die Wassertemperaturen an der stürmischen Entwicklung haben. Demnach war bereits ein Temperaturanstieg von 0,5 Grad Celsius zwischen August und September für einen 40-prozentigen Zuwachs der Hurrikan-Häufigkeit verantwortlich.
Die Forscher werteten dazu monatliche Daten des US National Hurricane Centers zwischen 1950 und 2005 sowie des National Centers for Environmental Prediction aus. Sie betrachteten sowohl die Oberflächentemperaturen des Ozeans als auch die Spitzen- Windgeschwindigkeiten. Demnach machen Wasserwärme und atmosphärische Veränderungen insgesamt 75 bis 80 Prozent des seit 1965 zunächst langsamen und seit 1995 verstärkten Hurrikan-Anstiegs aus (82 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt 1950 bis 2005). Durch statistische Verfahren berechneten die Forscher dann erstmals den konkreten Anteil der Oberflächentemperaturen.
«Unsere Analyse zeigt nicht, inwieweit die Klimaerwärmung durch Treibhausgase an der Zunahme der Hurrikan-Aktivität mitwirkt, aber die Möglichkeit, durch Klimamodelle den beobachteten Zusammenhang zwischen Hurrikanen und der Oberflächentemperatur wiederzugeben, wird dabei helfen, glaubwürdige Voraussagen über künftige Veränderungen bei der Hurrikan-Aktivität über dem Nordatlantik zu machen», schließt Saunders.
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
Nature 451, 557 (2008).
http://dx.doi.org/10.1038/nature06422