Aus Pro-Physik:

13.3.08

Was macht der Golfstrom mit der Troposphäre?

Was macht der Golfstrom mit der Troposphäre?
 
Japanische Klimaforscher belegen durch Satellitenmessungen und Simulationsrechnungen, dass der Golfstrom die gesamte Troposphäre bis in etwa zwölf Kilometer Höhe beeinflusst.

Sapporo (Japan) – Die Wechselwirkung der Ozeane mit der Atmosphäre spielt für Klimamodelle eine große Rolle. Dennoch sind diese Prozesse noch lange nicht im Detail verstanden. Einen weiteren, wichtigen Beitrag liefern nun japanische Klimaforscher. Auf der Grundlage von Satellitenmessungen und Simulationsrechnungen belegten sie den Einfluss des Golfstroms auf die gesamte Troposphäre bis in etwa zwölf Kilometer Höhe. Wie sie in der Zeitschrift „Nature“ berichten, könnte ein Versiegen dieses gigantischen Transportsystems Auswirkungen auf das gesamte Erdklima haben.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Golfstrom die gesamte Troposphäre beeinflusst“, schreiben Shoshiro Minobe und seine Kollegen von der Hokkaido Universität in Sapporo. In ihre aufwändigen Simulationen auf dem „Earth Simulator“-Supercomputer in Yokohama, die eine räumliche Auflösung von 50 Kilometern aufweisen, flossen zwei verschiedene Datensätze ein: Zum einen Winddaten, die mit dem QuickBird-Satelliten aufgenommen wurden, und zum anderen Messdaten der Oberflächentemperaturen im Atlantik entlang des Golfstroms. Die warme Meeresströmung heizt demnach nicht nur die Luftmassen unmittelbar über dem Ozean auf, sondern sie wirkt sich auch auf Wolkenbildung und Niederschlagswahrscheinlichkeit in weiten, angrenzenden Bereichen aus.

So verdunstet teilweise das im Golf von Mexiko aufgewärmte Wasser auf seinem Weg nach Norden. Das führt in Regionen südlich des Golfstroms zur Bildung von ausgedehnten Wolkenfeldern und erhöhten Niederschlägen. Wichtig bei diesem Prozess zeigte sich der Temperaturunterschied des Meerwassers. Denn der warme Golfstrom stößt wie ein Keil in die kalten Wassermassen des nördlichen Atlantiks vor.

 

Abb.oben: Diese 3D-Ansicht zeigt, dass entlang des Golfstroms eine atmosphärische Aufwärtsbewegung zu beobachten ist. (Quelle: F. Araki/S. Kawahara, ESC JAMSTEC)

Mit ihren Simulationsrechnungen konnten die japanischen Klimatologen nicht nur die aktuellen Prozesse schlüssig nachstellen. Sie verringerten auch virtuell die Temperaturdifferenzen zwischen Golfstrom und Nordatlantik. Ein Effekt, der infolge des Klimawandels nicht völlig auszuschließen ist. Das Modell belegte, dass sowohl die Wolkenbildung als auch die Niederschläge entlang des Golfstroms nachließen und verschwanden – mit Folgewirkungen auf das Klima auf der gesamten Erde. 

„Wir können davon ausgehen, dass Änderungen des Golfstroms Niederschlagsanomalien entlang dieser warmen Strömung verursachen können“, so die Forscher. Auch für die Verbesserung zukünftiger Klimamodelle könnte dieses Ergebnis von Bedeutung sein. Denn es zeigt mit einer hohen räumlichen Auflösung den bisher nur wenig berücksichtigten Zusammenhang zwischen Temperaturen der Meeresoberflächen und den Folgeprozesse bis in höhere Atmosphärenschichten. 

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos:
Weitere Literatur:
  • Sanders, F., Explosive cyclogenesis in the west-central North Atlantic Ocean. 1981–84. Part I: Composite structure and mean behavior. Mon. Weath. Rev. 114, 1781–1794 (1986).
  • Young, G. S. & Sikora, T. D., Mesoscale stratocumulus bands caused by Gulf Stream meanders. Mon. Weath. Rev. 131, 2177–2191 (2003).
  • Xie, S.-P., Satellite observations of cool ocean-atmosphere interaction. Bull. Am. Meteorol. Soc. 85, 195–208 (2004).
  • Song, Q., Cornillon, P. & Hara, T., Surface wind response to oceanic fronts. J. Geophys. Res. 111, C12006, doi:10.1029/2006JC003680 (2006).


Dazu paasend eine Nachricht vom 20.8.07:

Atlantische Zirkulation im Blick

Ein internationales Forscherteam aus Großbritannien, Deutschland und den USA ist zum ersten Mal in der Lage, kontinuierlich die täglichen Schwankungen in der Stärke der atlantischen Zirkulation zu beobachten. Analysen der aus dem ersten Messjahr gewonnenen Daten sind im Fachmagazin Science in zwei Arbeiten veröffentlicht worden. Die atlantische Zirkulation ist für das milde Klima Europas verantwortlich, und die Wahrscheinlichkeit ihres möglichen „Zusammenbruchs“ wird seit Jahren untersucht.

Die Forscher haben ein einzigartiges Beobachtungssystem installiert, mit dem die Schwankungen der atlantischen Umwälzbewegung (Atlantic Meridional Overturning Circulation - MOC) frühzeitig erfasst werden können. Das System wird es den Wissenschaftlern ermöglichen, Modellsimulationen der MOC zu verifizieren. Zudem wird es in realistischere Klimavorhersagen einfließen, die für Anpassungsplanungen unerlässlich sind.

Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) in Hamburg, der im Jahr 2003 vom Nationalen Meeresforschungsinstitut Southampton (National Oceanography Centre Southampton, NOCS, Großbritannien) an das MPI-M kam, initiierte das Forschungsprojekt und war bis zu seinem Weggang aus Großbritannien Projektleiter.

Das Forschungsprojekt wird in enger Zusammenarbeit von Wissenschaftlern von NOCS, Großbritannien, dem Max-Planck-Institut für Meteorologie und der Rosenstiel School of Marine and Atmospheric Science sowie dem Atlantic Oceanographic and Meteorological Laboratory in Miami (AOML), USA, durchgeführt.

Im März 2004 installierten die Wissenschaftler ihr Beobachtungssystem auf dem 26. Breitengrad quer über den Atlantik von der afrikanischen Küste bis zu den Bahamas. Seitdem liefern die Instrumente kontinuierliche Messreihen von Temperatur, Salzgehalt und Dichte. Kombiniert mit Messungen des Golfstroms in der Straße von Florida (durch amerikanische Wissenschaftler der NOAA) und mit Satellitenmessungen der windgetriebenen Strömung über den 26. Breitengrad kann die MOC täglich bestimmt werden.

Das außergewöhnliche Beobachtungssystem arbeitet effektiv und liefert überraschende Ergebnisse. Die Gesamtvariabilität der gemessenen MOC im Atlantik ist sehr groß: von 4 Sverdrup bis 35 Sverdrup (Sverdrup (Sv) ist das Maß für die Ozeanströmung, wobei 1 Sv = 1 Megatonne Wasser/sec). Das Jahresmittel der MOC wurde mit ca. 19 Sverdrup berechnet, was mit früheren Schätzungen übereinstimmt.

Jochem Marotzke erklärt: „Es gibt noch keinerlei Anzeichen einer Abschwächung der MOC. Die großen Schwankungen sind auch die Ursache dafür, dass früher diagnostiziert wurde, eine Abschwächung habe bereits stattgefunden. Man hat zufälligerweise zu einem Zeitpunkt gemessen, als die Zirkulation gerade recht schwach war.“

Mit dem Beobachtungssystem auf dem 26. Breitengrad lässt sich das Jahresmittel der MOC bis auf 1,5 Sv genau beobachten bzw. bis auf 8% des mittleren Wertes. Das reicht aus, um große, abrupte Änderungen der Zirkulation zu entdecken, die kritisch für Anpassungsplanungen zum Klimawandel sind.

Quelle: Max-Planck-Institut für Meteorologie

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