Aus Pro-Physik:

13.3.08

Was macht der Golfstrom mit der Troposphäre?

Was macht der Golfstrom mit der Troposphäre?
 
Japanische Klimaforscher belegen durch Satellitenmessungen und Simulationsrechnungen, dass der Golfstrom die gesamte Troposphäre bis in etwa zwölf Kilometer Höhe beeinflusst.

Sapporo (Japan) – Die Wechselwirkung der Ozeane mit der Atmosphäre spielt für Klimamodelle eine große Rolle. Dennoch sind diese Prozesse noch lange nicht im Detail verstanden. Einen weiteren, wichtigen Beitrag liefern nun japanische Klimaforscher. Auf der Grundlage von Satellitenmessungen und Simulationsrechnungen belegten sie den Einfluss des Golfstroms auf die gesamte Troposphäre bis in etwa zwölf Kilometer Höhe. Wie sie in der Zeitschrift „Nature“ berichten, könnte ein Versiegen dieses gigantischen Transportsystems Auswirkungen auf das gesamte Erdklima haben.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Golfstrom die gesamte Troposphäre beeinflusst“, schreiben Shoshiro Minobe und seine Kollegen von der Hokkaido Universität in Sapporo. In ihre aufwändigen Simulationen auf dem „Earth Simulator“-Supercomputer in Yokohama, die eine räumliche Auflösung von 50 Kilometern aufweisen, flossen zwei verschiedene Datensätze ein: Zum einen Winddaten, die mit dem QuickBird-Satelliten aufgenommen wurden, und zum anderen Messdaten der Oberflächentemperaturen im Atlantik entlang des Golfstroms. Die warme Meeresströmung heizt demnach nicht nur die Luftmassen unmittelbar über dem Ozean auf, sondern sie wirkt sich auch auf Wolkenbildung und Niederschlagswahrscheinlichkeit in weiten, angrenzenden Bereichen aus.

So verdunstet teilweise das im Golf von Mexiko aufgewärmte Wasser auf seinem Weg nach Norden. Das führt in Regionen südlich des Golfstroms zur Bildung von ausgedehnten Wolkenfeldern und erhöhten Niederschlägen. Wichtig bei diesem Prozess zeigte sich der Temperaturunterschied des Meerwassers. Denn der warme Golfstrom stößt wie ein Keil in die kalten Wassermassen des nördlichen Atlantiks vor.

 

Abb.oben: Diese 3D-Ansicht zeigt, dass entlang des Golfstroms eine atmosphärische Aufwärtsbewegung zu beobachten ist. (Quelle: F. Araki/S. Kawahara, ESC JAMSTEC)

Mit ihren Simulationsrechnungen konnten die japanischen Klimatologen nicht nur die aktuellen Prozesse schlüssig nachstellen. Sie verringerten auch virtuell die Temperaturdifferenzen zwischen Golfstrom und Nordatlantik. Ein Effekt, der infolge des Klimawandels nicht völlig auszuschließen ist. Das Modell belegte, dass sowohl die Wolkenbildung als auch die Niederschläge entlang des Golfstroms nachließen und verschwanden – mit Folgewirkungen auf das Klima auf der gesamten Erde. 

„Wir können davon ausgehen, dass Änderungen des Golfstroms Niederschlagsanomalien entlang dieser warmen Strömung verursachen können“, so die Forscher. Auch für die Verbesserung zukünftiger Klimamodelle könnte dieses Ergebnis von Bedeutung sein. Denn es zeigt mit einer hohen räumlichen Auflösung den bisher nur wenig berücksichtigten Zusammenhang zwischen Temperaturen der Meeresoberflächen und den Folgeprozesse bis in höhere Atmosphärenschichten. 

Jan Oliver Löfken

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Weitere Literatur:
  • Sanders, F., Explosive cyclogenesis in the west-central North Atlantic Ocean. 1981–84. Part I: Composite structure and mean behavior. Mon. Weath. Rev. 114, 1781–1794 (1986).
  • Young, G. S. & Sikora, T. D., Mesoscale stratocumulus bands caused by Gulf Stream meanders. Mon. Weath. Rev. 131, 2177–2191 (2003).
  • Xie, S.-P., Satellite observations of cool ocean-atmosphere interaction. Bull. Am. Meteorol. Soc. 85, 195–208 (2004).
  • Song, Q., Cornillon, P. & Hara, T., Surface wind response to oceanic fronts. J. Geophys. Res. 111, C12006, doi:10.1029/2006JC003680 (2006).


Dazu paasend eine Nachricht vom 20.8.07:

Atlantische Zirkulation im Blick

Ein internationales Forscherteam aus Großbritannien, Deutschland und den USA ist zum ersten Mal in der Lage, kontinuierlich die täglichen Schwankungen in der Stärke der atlantischen Zirkulation zu beobachten. Analysen der aus dem ersten Messjahr gewonnenen Daten sind im Fachmagazin Science in zwei Arbeiten veröffentlicht worden. Die atlantische Zirkulation ist für das milde Klima Europas verantwortlich, und die Wahrscheinlichkeit ihres möglichen „Zusammenbruchs“ wird seit Jahren untersucht.

Die Forscher haben ein einzigartiges Beobachtungssystem installiert, mit dem die Schwankungen der atlantischen Umwälzbewegung (Atlantic Meridional Overturning Circulation - MOC) frühzeitig erfasst werden können. Das System wird es den Wissenschaftlern ermöglichen, Modellsimulationen der MOC zu verifizieren. Zudem wird es in realistischere Klimavorhersagen einfließen, die für Anpassungsplanungen unerlässlich sind.

Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) in Hamburg, der im Jahr 2003 vom Nationalen Meeresforschungsinstitut Southampton (National Oceanography Centre Southampton, NOCS, Großbritannien) an das MPI-M kam, initiierte das Forschungsprojekt und war bis zu seinem Weggang aus Großbritannien Projektleiter.

Das Forschungsprojekt wird in enger Zusammenarbeit von Wissenschaftlern von NOCS, Großbritannien, dem Max-Planck-Institut für Meteorologie und der Rosenstiel School of Marine and Atmospheric Science sowie dem Atlantic Oceanographic and Meteorological Laboratory in Miami (AOML), USA, durchgeführt.

Im März 2004 installierten die Wissenschaftler ihr Beobachtungssystem auf dem 26. Breitengrad quer über den Atlantik von der afrikanischen Küste bis zu den Bahamas. Seitdem liefern die Instrumente kontinuierliche Messreihen von Temperatur, Salzgehalt und Dichte. Kombiniert mit Messungen des Golfstroms in der Straße von Florida (durch amerikanische Wissenschaftler der NOAA) und mit Satellitenmessungen der windgetriebenen Strömung über den 26. Breitengrad kann die MOC täglich bestimmt werden.

Das außergewöhnliche Beobachtungssystem arbeitet effektiv und liefert überraschende Ergebnisse. Die Gesamtvariabilität der gemessenen MOC im Atlantik ist sehr groß: von 4 Sverdrup bis 35 Sverdrup (Sverdrup (Sv) ist das Maß für die Ozeanströmung, wobei 1 Sv = 1 Megatonne Wasser/sec). Das Jahresmittel der MOC wurde mit ca. 19 Sverdrup berechnet, was mit früheren Schätzungen übereinstimmt.

Jochem Marotzke erklärt: „Es gibt noch keinerlei Anzeichen einer Abschwächung der MOC. Die großen Schwankungen sind auch die Ursache dafür, dass früher diagnostiziert wurde, eine Abschwächung habe bereits stattgefunden. Man hat zufälligerweise zu einem Zeitpunkt gemessen, als die Zirkulation gerade recht schwach war.“

Mit dem Beobachtungssystem auf dem 26. Breitengrad lässt sich das Jahresmittel der MOC bis auf 1,5 Sv genau beobachten bzw. bis auf 8% des mittleren Wertes. Das reicht aus, um große, abrupte Änderungen der Zirkulation zu entdecken, die kritisch für Anpassungsplanungen zum Klimawandel sind.

Quelle: Max-Planck-Institut für Meteorologie

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Klimareader

 
Aus Pro-Physik:
 
Immer wärmer - immer schneller

Der menschgemachte globale Klimawandel ist beschleunigt: Zu diesem Schluss kommen Berner Klimatologen in einer Untersuchung zur Geschwindigkeit von Klimaänderungen in den letzten 20.000 Jahren. Ihre Studie wurde in den „Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) publiziert.

Lufteinschlüsse in Eisbohrkernen aus der Antarktis und aus Grönland liefern der Forschung die zuverlässigsten Daten, wenn es darum geht, aktuelle Klimaveränderungen mit der globalen Klimageschichte zu vergleichen. Fortunat Joos und Renato Spahni vom Physikalischen Institut der Universität Bern und Mitarbeiter des Oeschger Centre für Klimaforschung haben nun Daten aus Eisbohrkernen im Hinblick auf die Geschwindigkeit von Klimaänderungen untersucht. Sie weisen nach, dass die Anstiegsraten der Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) im 20. Jahrhundert viel höher sind als jemals zuvor in den letzten 16.000 Jahren.

Die Treibhausgaskonzentration in der Luft beeinflusst den Strahlungsantrieb, welcher ein Maß ist für die Störung des Gleichgewichts zwischen eingestrahlter Solarenergie und abgestrahlter Energie von der Erdoberfläche und der unteren Atmosphäre. Der Strahlungsantrieb kann für alle Treibhausgase berechnet werden (in Watt pro Quadratmeter). Ein positiver Strahlungsantrieb führt zu einer Erwärmung, ein negativer zu einer Abkühlung. Der Strahlungsantrieb von CO2 stieg im 20. Jahrhundert über zehnmal schneller an als je zuvor in den letzten 22.000 Jahren. Allein in den letzten zwanzig Jahren stieg die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre um insgesamt 31 ppm (Teile pro Million). Eine gleich große Zunahme dauerte in der vorindustriellen Zeit immerhin noch 1600 Jahre, also achtzigmal länger.

Anhand des Strahlungsantriebs lassen sich natürliche und menschliche Einflüsse auf das Klima vergleichen. Für die natürlichen Faktoren wie Sonne und Vulkane kann dieser positiv oder negativ sein. In den letzten Jahrzehnten verursachten beide zusammen einen negativen Strahlungsantrieb und können also die heutige Erwärmung nicht erklären. Im Gegensatz dazu verursacht der menschgemachte CO2-Anstieg seit Beginn der Industrialisierung einen positiven Strahlungsantrieb.

Wie Joos und Spahni zeigen, ist die Geschwindigkeit der menschgemachten Veränderungen sehr groß im Vergleich zu den natürlichen Schwankungen des Strahlungsantriebs. Laut den Forschern legt dies nahe, dass die vom Menschen verursachte weltweite Klimaerwärmung in den letzten 40 Jahren schneller abläuft als jede natürlich verursachte globale Klimaerwärmung in einer vergleichbaren 40-Jahr-Periode im letzten Jahrtausend.

„Allgemein kann man sagen, dass die Geschwindigkeit, mit welcher die Treibhausgase ansteigen, einzigartig ist verglichen mit der Entwicklung in der Vergangenheit“, meint Joos. Und: Außergewöhnlich sei eben nicht nur das Ausmaß, sondern auch die Geschwindigkeit, mit welcher der Mensch das Klima heute weltweit verändert. „Falls keine oder nur schleppende Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen von CO2 und anderer Treibhausgase unternommen werden, wird sich die globale Erwärmung weiter beschleunigen und unsere Anpassungsfähigkeit strapazieren“, warnen die Forscher.

Quelle: Universität Bern

Weitere Infos:
  • Originalveröffentlichung:
    F. Joos und R. Spahni: Rates of change in natural and anthropogenic radiative forcing over the past 20,000 years. Proceedings of the National Academy of Sciences USA (PNAS), 2008
  • Oeschger Centre for Climate Change Research:
    http://www.oeschger.unibe.ch

 

Hawaii-Klimaschutzrunde

Honolulu/Berlin (dpa) - Die Bundesregierung setzt bei den weiteren internationalen Klimaschutzverhandlungen bis Ende 2009 besonders auf die Mitwirkung der USA. Das betonte der deutsche Umweltstaatssekretär Matthias Machnig am Donnerstag bei einer Konferenz von Industrie- und Entwicklungsländern in Honolulu auf Hawaii. Rein nationale und freiwillige Energiespar-Maßnahmen wie von Washington angekündigt könnten den Klimaschutzprozess unter dem Dach der Vereinten Nationen ergänzen. «Ersetzen können sie ihn jedoch nicht», sagte Machnig auf der von US-Präsident George W. Bush angestoßenen hochrangigen Konferenz der führenden acht Industriestaaten (G8) sowie wichtiger Entwicklungs- und Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien.

Zum Auftakt rief auch die Gouverneurin des US-Bundesstaates Hawaii, Linda Lingle, zu weltweiter Kooperation bei der Verminderung von Treibhausgasen und einer effizienteren Energienutzung auf. «Nur wenn wir es schaffen, uns über die eigene Politik und unser Ego hinwegzusetzen und uns auf die gemeinsame Stärke verlassen, werden wir signifikante Fortschritte machen», sagte Lingle nach Angaben der Zeitung «Honolulu Advertiser».

Beim Sonderklimagespräch von 16 Staaten mit dem größten Ausstoß von Treibhausgasen handelt sich um ein Folgetreffen der September-Konferenz 2007 in Washington. Eingeladen sind außerhalb des UN-Rahmens für Klimaschutz-Verhandlungen Repräsentanten der Staats- und Regierungschefs. Machnig vertritt als Beauftragter von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den derzeit in China weilenden Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD).

Der in diesem Jahr aus dem Amt scheidende Bush hatte sich beim G8- Gipfel der großen Industrieländer im Sommer 2007 in Heiligendamm und auch danach weiterhin gemeinsamen langfristigen Zielen zum Abbau der schädlichen Treibhausgase widersetzt. Auf der indonesischen Insel Bali im Dezember ernteten die USA erneut viel Kritik von Regierungen und Umweltschützern, stellten sich am Ende aber nicht dem Auftrag der übrigen Nationen entgegen, bis Ende 2009 über ein ab 2013 gültiges neues UN-Klimaschutzregime zur Ablösung des Kyoto-Protokolls zu verhandeln.

Machnig stellte als internationales Brems-Ziel für die weitere Erderwärmung erneut die Halbierung der Treibhausgase bis 2050 heraus. Nötig sei ein weltweit funktionierender Handel mit Kohlendioxid- Zertifikaten. Dazu seien «absolute, ambitionierte und vor allem bindende (CO2-)Reduktionsziele» erforderlich. Die Verhandlungen darüber «müssen im Rahmen der Vereinten Nationen» geführt werden.

 

Wärmerer Atlantik verursacht mehr Hurrikans

London (dpa) - Die wachsende Zahl von Hurrikans über dem Nordatlantik hängt nach Untersuchungen britischer Klimaforscher eng mit den steigenden Wassertemperaturen zusammen. Seit 1995 sei die Zahl der Wirbelstürme im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1950 bis 2000 deutlich gestiegen, schreiben Mark Saunders und Adam Lea vom University College London im Journal «Nature». Dieser Anstieg sei zu 40 Prozent durch die wärmere Oberfläche des Atlantiks bedingt.

Über den Anteil des Treibhauseffekts an den stärkeren und häufigeren Stürme macht die Studie keine Aussage. Sowohl die vom Menschen verursachte Klimaerwärmung als auch turnusmäßige Strömungsveränderungen im Atlantik werden dafür verantwortlich gemacht. Saunders und Lea bestimmten nun erstmals den konkreten Anteil, den die Wassertemperaturen an der stürmischen Entwicklung haben. Demnach war bereits ein Temperaturanstieg von 0,5 Grad Celsius zwischen August und September für einen 40-prozentigen Zuwachs der Hurrikan-Häufigkeit verantwortlich.

Die Forscher werteten dazu monatliche Daten des US National Hurricane Centers zwischen 1950 und 2005 sowie des National Centers for Environmental Prediction aus. Sie betrachteten sowohl die Oberflächentemperaturen des Ozeans als auch die Spitzen- Windgeschwindigkeiten. Demnach machen Wasserwärme und atmosphärische Veränderungen insgesamt 75 bis 80 Prozent des seit 1965 zunächst langsamen und seit 1995 verstärkten Hurrikan-Anstiegs aus (82 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt 1950 bis 2005). Durch statistische Verfahren berechneten die Forscher dann erstmals den konkreten Anteil der Oberflächentemperaturen.

«Unsere Analyse zeigt nicht, inwieweit die Klimaerwärmung durch Treibhausgase an der Zunahme der Hurrikan-Aktivität mitwirkt, aber die Möglichkeit, durch Klimamodelle den beobachteten Zusammenhang zwischen Hurrikanen und der Oberflächentemperatur wiederzugeben, wird dabei helfen, glaubwürdige Voraussagen über künftige Veränderungen bei der Hurrikan-Aktivität über dem Nordatlantik zu machen», schließt Saunders.

Weitere Infos:

Nicht nur negative Brechungsindices wie bei der Herstellung von Tarnkappen sondern auch die Aufteilung des gebrochenen Strahles in zwei parallele Strahlen lassen sicher viele Schülerdarstellungen, die bisher als falsch bewertet wurden als geniale Ideen erscheinen.....

 

 

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Spin-Hall-Effekt jetzt auch mit Photonen

Spin-Hall-Effekt jetzt auch mit Photonen

 

Wer hätte gedacht, dass sich bei der Lichtbrechung noch Überraschendes entdecken lässt: US-amerikanische Forscher fanden winzige Abweichungen vom Brechungsgesetz.

 

Wie man schon aus der Schule weiß, wird ein Lichtstrahl beim Übergang von der Luft in eine Glasplatte aus seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt und zum Einfallslot hin gebrochen. Der einfallende und der gebrochene Lichtstrahl liegen dabei in einer Ebene. Doch jetzt haben Physiker an der University of Illinois in Urbana-Champaign beobachtet, dass der gebrochene Lichtstrahl in zwei Teilstrahlen aufgespalten wurde, die um einige Nanometer seitlich verschoben waren. Dahinter steckt der so genannte Spin-Hall-Effekt, den man zuvor schon mit Elektronen nachgewiesen hatte.

 

Der Spin-Hall-Effekt beruht darauf, dass für Teilchen mit Spin oder Eigendrehimpuls unter bestimmten Bedingungen die Flugbahn und die Orientierung des Spins miteinander gekoppelt sind. Wirkt auf das Teilchen eine Kraft, die es aus seiner ursprünglichen Bahn lenkt, so ändert sich meist auch die Orientierung des Spins. Wenn trotz Krafteinwirkung eine Komponente des Gesamtdrehimpulses erhalten bleibt, so muss sich mit dem Eigendrehimpuls auch der Bahndrehimpuls des Teilchens ändern. Das führt dazu, dass die Bahn des Teilchens davon abhängt, wie sein Spin anfänglich ausgerichtet ist.

 

Sowohl Elektronen als auch Photonen haben Spin. Beim Photon kann der Spin parallel oder antiparallel zur Flugrichtung orientiert sein, während der Elektronenspin parallel oder antiparallel zu einer beliebig vorgegebenen Richtung ist. Die Abhängigkeit der Bahn eines Elektrons von seiner Spinorientierung hatte man in früheren Experimenten ausgenutzt, um in einer Halbleiterschicht Elektronen mit nach oben zeigendem Spin von denen mit nach unten zeigendem Spin zu trennen. Dazu wurden die Elektronen durch eine elektrische Spannung in Bewegung gebracht und zusätzlich einem elektrischen Feld ausgesetzt, das senkrecht zu den Elektronenbahnen stand. Die bewegten Elektronen verspürten daraufhin ein Magnetfeld, das sie je nach Spinorientierung in unterschiedliche Richtung ablenkte. Dieser Spin-Hall-Effekt ähnelt dem seit langem bekannten Hall-Effekt, bei dem ein Magnetfeld einen Ladungsstrom in negative Elektronen und positive „Löcher“ trennt. Mithilfe des Spin-Hall-Effekts könnte man den Spin der Elektronen für Berechnungen in einem Quantencomputer verfügbar machen, während herkömmliche Computer nur die Ladung der Elektronen nutzen.

 

In den letzten Jahren hatten japanische und israelisch-russische Physiker berechnet, dass auch für Lichtstrahlen der Spin-Hall-Effekt nachweisbar sein sollte. Dieser Nachweis ist jetzt gelungen, wie Onur Hosten und Paul Quiat in „Science“ berichten. Dazu haben sie einen Laserstrahl auf ein spezielles Glasprisma gerichtet und seine Ablenkung gemessen. Das Prisma war so konstruiert, dass der Strahl unter einem variablen Winkel in das Glas eindringen konnte, die Rückseite des Prismas jedoch stets in senkrechter Richtung verließ. Dadurch war sichergestellt, dass der Strahl nur beim Eintritt in das Prisma gebrochen wurde und der Spin-Hall-Effekt nur einmal auftreten konnte. Der aus dem Prisma kommende Strahl traf schließlich auf eine bewegliche Photodiode, die ihn registrierte.

 

Der Laserstrahl enthielt sowohl rechts als auch links polarisierte Photonen, deren Spin in Strahlrichtung bzw. entgegen gerichtet war. Mit der Photodiode konnten die Forscher feststellen, dass der gebrochene Strahl in die vom Brechungsgesetz vorhergesagte Richtung lief. Bei genauerer Untersuchung zeigte sich jedoch, dass der Strahl in zwei parallele Teilstrahlen aufgespalten worden war, die im Abstand von einigen Nanometern nebeneinander her liefen. Dabei enthielt der eine Teilstrahl nur rechts polarisierte Photonen, der andere nur links polarisierte. Das Glasprisma hatte den eindringenden Laserstrahl erwartungsgemäß zum Lot hin gebrochen. Doch aufgrund des Spin-Hall-Effekts wurden dabei die Photonen, je nach Polarisation, um einige Nanometer nach rechts oder links aus der Ebene herausgelenkt, die der einfallende und der gebrochene Strahl aufgespannten. Der Abstand der daraus resultierenden Teilstrahlen hing vom Einfallswinkel des Laserstrahls ab. Die gemessene Winkelabhängigkeit stimmte hervorragend mit der Vorhersage der Theorie überein. Wie neue Berechnungen zeigen, sollten unterschiedlich polarisierte Photonen übrigens auch in einem Gravitationsfeld entlang unterschiedlicher Bahnen laufen. 

 

Der optische Spin-Hall-Effekt ermöglicht es, auf neuartige Weise unterschiedlich polarisierte Photonen voneinander zu trennen. Ob daraus allerdings Konkurrenz für die heute benutzten Polarisationsstrahlteiler erwachsen wird, ist fraglich. Die hohe Präzision, mit der die Forscher das Brechungsgesetz überprüft haben, eröffnet jedoch die Möglichkeit, den Brechungsindex eines Materials und seine Änderung im Nanometerbereich mit großer Genauigkeit zu messen.

 

Rainer Scharf

 

Weitere Infos:

Originalveröffentlichung:

Onur Hosten und Paul Kwiat: Observation of the Spin Hall Effect of Light via Weak Measurements. Sciencexpress (Online-Veröffentlichung: 10. Jan. 2008).

http://dx.doi.org/10.1126/science.1152697

Gruppe von Paul Quiat:

http://research.physics.uiuc.edu/QI/Photonics/index.html

Weitere Literatur:

Masaru Onoda, Shuichi Murakami und Naoto Nagaosa: Hall Effect of Light. Phys. Rev. Lett. 93, 083901 (2004).

http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevLett.93.083901

http://arxiv.org/abs/cond-mat/0405129

Konstantin Yu. Bliokh und Yury P. Bliokh: Conservation of Angular Momentum, Transverse Shift, and Spin Hall Effect in Reflection and Refraction of an Electromagnetic Wave Packet. Phys. Rev. Lett. 96, 073903 (2006).

http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevLett.96.073903

http://arxiv.org/abs/physics/0508093

Miles Padgett, Johannes Courtial und Les Allen: Light's Orbital Angular Momentum. Physics Today 57 (5), 35 (2004).

http://ptonline.aip.org/journals/doc/PHTOAD-ft/vol_57/iss_5/35_1.shtml

Pierre Gosselin, Alain Bérard und Hervé Mohrbach: Spin Hall effect of photons in a static gravitational field. Phys. Rev. D 75, 084035 (2007).

http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevD.75.084035

http://arxiv.org/abs/hep-th/0603227

Peter Schwab: Spins auf dem Vormarsch. Physik Journal, November 2006, S. 20.

(Link siehe oben rechts im Kasten)

Roland Winkler und Michael Oestreich: Spinelektronik. Physik Journal, November 2004, S. 39 

(Link siehe Physik Journals Archiv: http://www.physik-journal.de)

 

 

Zur anderen Verletzung des klassischen Brechungsgesetzes gibt es hier Informationen: Tarnkappenphysik

Neue Entwicklungen von optischen Metamaterialien ermöglichen früher für unmöglich gehaltene Anwendungen

Metamaterialien besitzen optische Eigenschaften, die man noch vor wenigen Jahren für unmöglich gehalten hätte. Ihr Brechungsindex n kann in einem bestimmten Frequenzbereich maßgeschneidert werden und dabei sogar negative Werte annehmen. Bisher ließ sich das allerdings nur für Mikrowellen und Infrarotstrahlung erreichen. Doch jetzt haben Forscher der Universität Karlsruhe ein Metamaterial hergestellt, das einen negativen Brechungsindex für sichtbares Licht aufweist. Dies hat ungewöhnliche Konsequenzen und eröffnet interessante Möglichkeiten.

Ein Hohlzylinder aus strukturiertem Verbundwerkstoff kann sich selbst und seinen Inhalt unsichtbar machen.

Bislang kannte man Tarnkappen nur aus Sagen und Märchen. Doch seit kurzem sind sie ein heißes physikalisches Forschungsgebiet. Wissenschaftler in England hatten berechnet, dass ein Hohlkörper aus Metamaterial – ein Verbundwerkstoff mit besonderen optischen Eigenschaften – sich selbst und seinen Inhalt unsichtbar machen kann. Jetzt haben Forscher um David Smith von der Duke University in Durham solch einen Hohlkörper hergestellt und ihn getestet.

Wenn ein Hohlkörper wie eine Tarnkappe wirken soll, muss er das auf ihn fallende Licht so um sich herum lenken, dass es seinen Weg schließlich wieder in der ursprünglichen Einfallsrichtung fortsetzen kann. Ein Betrachter sieht dem umgeleiteten Licht nicht an, dass es einen Umweg gemacht hat, und glaubt deshalb, das Licht habe sich geradlinig im leeren Raum ausgebreitet.

Wer mehr darüber erfahren will, sollte in den Órdner  Neues aus der Wissenschaft gehen, dort ist ein Reader zum Thema zusammengestellt.

Reader zu negativen Brechungen

Pdf Präsentation zur Brechung mit positivem und negativen Brechungsindex

Das kleinste Radio der Welt (Nanoröhre) empfängt und demoduliert elektromagnetische Wellen

 

 

Nach Pro-physik.de

 

Nanoröhren-Radio

Nanoröhren-Radio

 

Das kleinste Radio der Welt ist winziger als ein rotes Blutkörperchen. Herzstück ist ein Kohlenstoff-Nanoröhrchen.

 

Cambridge/Berkeley (dpa) - US-Forscher haben das kleinste Radio der Welt gebaut: Das Kernstück dieses «Nanoradios» misst weniger als einen tausendstel Millimeter und ist kleiner als ein rotes Blutkörperchen. Das Gerät sei klein genug, um etwa mit biologischen Sensoren in die Blutbahn injiziert zu werden, meinen die Entwickler um Alex Zettl von der Universität von Kalifornien in Berkeley. So ließe sich eine Funkverbindung zwischen solchen Sensoren und der Außenwelt realisieren. Allerdings kann das Nanoradio zurzeit nur empfangen und nicht senden, wie das US-Magazin «Technology Review» am Dienstag auf seiner Internetseite berichtete.

 

Herzstück des winzigen Radios ist ein Kohlenstoff-Nanoröhrchen . Solche Nanoröhrchen sind aufgerollten Graphit-Schläuche, die wenige Nanometer dick und einige tausendstel Millimeter lang sein können. Das Nanoröhrchen des kalifornischen Nanoradios misst einige hundert Nanometer in der Länge und übernimmt simultan die Funktion aller vier zentralen Komponenten eines Radios: Antenne, Tuner, Verstärker und Demodulator, wie Zettls Gruppe im Fachblatt «Nano Letters» (online veröffentlicht) erläutert. Als Stromversorgung dienen zwei äußere Elektroden aus Kupfer und Wolfram.

 

Das Gerät enthält in einem evakuierten Gefäß ein Kohlenstoffröhrchen mit einer Länge von einigen hundert und einem Durchmesser von etwa zehn Nanometern. Dieses Röhrchen ist mit einem Ende an der negativen Elektrode einer Batterie befestigt. Dadurch lädt es sich elektrisch auf. Als Folge davon reagiert das andere, freie Ende auf Radiowellen und beginnt mit der entsprechenden Frequenz zu vibrieren. 

 

Dicht neben ihm ist eine positive Gegenelektrode angebracht. Auf sie können Elektronen von dem Nanoröhrchen durch das Vakuum hindurch überspringen. Die Stärke dieses Feldemissionsstroms variiert dabei im selben Takt, wie die Röhrchenspitze schwingt, weil sich mit den Vibrationen der Abstand zur Anode ändert. Somit werden die Radiowellen in elektrische Signale umgewandelt, die sich auf einen Kopfhörer übertragen lassen, wo sie als Töne hörbar sind. 

 

Über die angelegte Spannung lässt sich die Steifigkeit des Nanoröhrchens beeinflussen und damit auch der Resonanzbereich verschieben. Auf diese Weise gelingt ein Wechsel der Empfangsfrequenz, also des Senders. Damit fungiert das Gerät als Antenne, Tuner und Verstärker zugleich. 

 

Im Nanoradio lässt sich so der gesamte UKW-Frequenzbereich einstellen, und die Forscher haben erfolgreich das Largo aus Händels Oper «Xerxes» empfangen sowie die Filmmusik von «Star Wars», den Rockklassiker «Layla» von Derek and the Dominos und den Pop-Evergreen «Good Vibrations» von den Beach Boys. Hörproben von der Empfangsqualität des Nanoradios und Bilder bieten die Wissenschaftler auf ihrer Internetseite. Die Tonqualität kann sich allerdings nicht mit der gängiger HiFi-Radioempfänger messen.

 

Weitere Infos: 

 

Originalveröffentlichung:

K. Jensen, J. Weldon, H. Garcia and A. Zettl, Nanotube Radio, Nano Lett., ASAP Article (31. Oktober 2007). 

http://dx.doi.org/10.1021/nl0721113

Projekt-Homepage mit Hörproben, Videos und Bildern (sehr empfehlenswert!!!): 

http://tinyurl.com/2ryzvq