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Doppeltes Schwarzes Loch bestätigt Relativitätstheorie
 
Messungen am Quasar OJ 287 – bei dem Astronomen davon ausgehen, dass sich zwei massereiche Schwarze Löcher gegenseitig umkreisen – liefern einen weiteren Beweis für die Korrektheit der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Der Quasar OJ 287 ist eine Ausnahme: Seine Lichtkurve ist nicht unregelmäßig wie sonst bei Quasaren üblich, sondern zeigt alle zwölf Jahre zwei große Ausbrüche. Eine mögliche Erklärung für diese Regelmäßigkeit liefert ein Modell, in dem zwei massereiche Schwarze Löcher sich gegenseitig umkreisen. Einem internationalen Forscherteam gelang es nun, dieses Modell durch weitere Beobachtungen zu bestätigen. Die Messungen liefern zugleich einen weiteren Beweis für die Korrektheit der Allgemeinen Relativitätstheorie. 

„Unsere Beobachtungen bestätigen, dass es sich um zwei Schwarze Löcher handelt und zeigen außerdem, dass die Abnahme der Bahnenergie in guter Übereinstimmung mit der Abstrahlung von Gravitationswellen durch das System ist“, schreiben Mauri Valtonen von der Universität Turku in Finnland und seine Kollegen in der Zeitschrift „Nature“. „Ohne Gravitationswellen hätte der Ausbruch 20 Tage später auftreten müssen.“ 

OJ 287 ist 3,5 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. In dem bereits 1988 von Valtonen und anderen entwickelten Modell umläuft ein Schwarzes Loch mit der rund 100-millionenfachen Masse der Sonne das noch einmal erheblich massereichere zentrale Schwarze Loch des Quasars. Die Umlaufbahn des kleineren Schwarzen Lochs ist dabei stark elliptisch und gegen die Rotationsebene des größeren Schwarzen Lochs geneigt. Deshalb durchstößt das kleine Schwarze Loch bei jedem Umlauf zweimal die Akkretionsscheibe aus heißem Gas um das zentrale Schwarze Loch. Diese beiden Kollisionen führen zu den regelmäßigen Strahlungsausbrüchen. 

 

Abb. (s.o.): Das Modell für den Quasar OJ 287: Ein Schwarzes Loch mit der 100-millionenfachen Masse der Sonne umkreist ein Schwarzes Loch mit 18 Milliarden Sonnenmassen. Auf seinem 12 Jahre dauernden Umlauf durchstößt es zweimal die Akkretionsscheibe um das größere Schwarze Loch und löst dadurch Strahlungsausbrüche aus. (Quelle: Universität Turku / M. Valtonen) 

Beobachtungen der beiden Ausbrüche in den Jahren 1994 und 1995, sowie des ersten Ausbruchs des nächsten Umlaufs im Jahr 2005 führten zu einer weiteren Verfeinerung des Modells und zu der Vorhersage, dass der zweite Ausbruch am 13. September 2007 eintreten sollte. Diese Vorhersage konnte durch über einhundert Messungen, an denen auch Amateurastronomen beteiligt waren, bestätigt werden.

Damit konnten Valtonen und seine Kollegen nicht nur ihr Modell bestätigen, sondern auch die Masse des zentralen Schwarzen Lochs direkt messen: Sie beträgt 18 Milliarden Sonnenmassen. Da die starken Gravitationsfelder der beiden Schwarzen Löcher die Raumzeit-Geometrie in ihrer Umgebung stark beeinflussen, bestätigt das Modell außerdem die Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie. So beträgt etwa die relativistische Präzession der Umlaufbahn des kleineren Schwarzen Lochs in Übereinstimmung mit den theoretischen Vorhersagen 39 Grad pro Umlauf.

Eine weitere wichtige Vorhersage der Allgemeinen Relativitätstheorie ist die Abstrahlung von Gravitationswellen bei massereichen Doppelsystemen. 1993 erhielten Russell Hulse and Joseph Taylor den Physik-Nobelpreis für ihren indirekten Nachweis von Gravitationswellen durch die Messung der Abnahme der Bahnenergie bei dem Doppelpulsar PSR 1913+16. Valtonen und sein Team konnten dieses Phänomen nun auch bei OJ 287 nachweisen – wo der Effekt, bedingt durch die weitaus größeren Massen, allerdings noch erheblich stärker ist.

„Es handelt sich um die stärkste bekannte Abstrahlung von Gravitationswellen“, so Valtonen, „die Leistung im Gravitationswellenbereich ist vergleichbar mit der Gesamtleuchtkraft des Objekts im elektromagnetischen Spektrum.“ Damit ist OJ 287 nach Ansicht des Forschers ein herausragendes Objekt für den Gravitationswellendetektor LISA, der im kommenden Jahrzehnt im Weltall stationiert werden soll. 

Rainer Kayser

Weitere Infos:
Weitere Literatur:
  • A. Sillanpää et al., OJ287 – Binary pair of supermassive black holes, Astrophysical Journal 325, 628 (1988).
  • H. J. Lehto und M. J. Valtonen, OJ287 outburst structure and a binary black hole model, Astrophysical Journal 460, 207 (1996).
  • M. J. Valtonen et al., Predicting the next outbursts of OJ287 in 2006–2010, Astrophysical Journal 646, 36 (2006).

Hellste Supernovaexplosion

Sternenexplosion sprengt alles bisher gemessene Maß

Harrisburg (dpa) - Eine gewaltige Sternenexplosion in tiefster Ferne des Alls fasziniert die Astronomen: Ein NASA-Satellit hat am 19. März die hellste Explosion registriert, die jemals beobachtet wurde. Sie war 2,5 Millionen Mal heller als die leuchtstärkste bisher beobachtete Supernova, wie die US-amerikanische Pennsylvania State University am Donnerstag (Ortszeit) berichtete. Der Gammastrahlen- Ausbruch war so hell, dass sein Licht sogar mit bloßem Auge zu sehen gewesen sei. Gammastrahlen-Ausbrüche sind nach dem Urknall

Anmerkung (KPH): Der Urknall war keine Explosion.....

die stärksten Explosionen im Universum.

Das am 19. März um 02.12 Uhr erfasste Licht des Sternengeschehens musste das halbe Universum durchqueren und damit 7,5 Milliarden Lichtjahre bis zur Erde zurücklegen. Damit ist das Phänomen das fernste bekannte Objekt, das von Menschen ohne Hilfsmittel am Nachthimmel wahrzunehmen war. Den bisherigen Rekord hielt die relativ nahe gelegene Galaxie M33, die in einer Entfernung von «nur» 2,9 Millionen Lichtjahren zur Erde mit bloßem Auge zu sehen war, wie die US-Astronomen berichteten.

Über das vom NASA-Satelliten «Swift» registrierte Licht äußerten sich die Wissenschaftler überwältigt. «Innerhalb von 24 Stunden haben wir eine unglaubliche Aktivität am Himmel beobachtet - allein 5 Gammastrahlen-Explosionen und verschiedene andere Ausbrüche. Und in der Mitte von all diesem Geschehen war das leuchtendste Strahlen, das wir je gesehen haben», sagte der Astronom und Astrophysiker Prof. David Burrows stellvertretend für die Wissenschaftler und Ingenieure an der Bodenstation von «Swift» in der Nähe der Universität. «Der Ausbruch fegt alles hinweg, was wir bisher an Gammastrahlen- Explosionen gesehen haben», sagte auch NASA-«Swift»-Experte Neil Gehrels.

«Wir haben auf so einen intensiven Gammastrahlen-Ausbruch gewartet, seitdem "Swift" vor drei Jahren mit der Beobachtung des Himmels begann», sagte Burrows weiter. «Und nun haben wir so eine Strahlenintensität bekommen, dass sie mit dem bloßen Auge zu sehen war, obwohl ihre Quelle das halbe Universum entfernt liegt.»

Sein Fachkollege Derek Fox sagte, falls sich der Ausbruch in unserer Galaxie ereignet hätte, hätte er fast eine Minute lang heller geschienen als die Sonne. Die meisten Gammastrahlen-Explosionen erfolgen, wenn massiven Sternen die Energie ausgeht. Dann kollabieren ihre Kerne zu sogenannten Schwarzen Löchern oder Neutronensternen, wobei sie explosionsartig enorme Energie freisetzen.

Prof. Peter Meszaros, einer der Leiter des «Swift»-Teams, vermutet eine ungewöhnliche Kombination der Umstände, die zu dem außergewöhnlich hellen Leuchten beigetragen haben könnten. Wenn die Strahlen aus der Explosion auf Gaswolken treffen, könnten diese «Jets» dadurch noch heißer werden, erläuterte er seine Hypothese. Die Astronomen katalogisieren die Super-Explosion unter der nüchternen Nummer GRB 080319B - das steht für den zweiten am 19. März 2008 registrierten Gamma-Ray Burst (GRB). 

A Burst to See

Observing the distant Universe with the unaided eye

On 19 March, Nature was particularly generous and provided astronomers with the wealth of four gamma-ray bursts on the same day. But that was not all: one of them is the most luminous object ever observed in the Universe. Despite being located in a distant galaxy, billions of light years away, it was so bright that it could have been seen, for a brief while, with the unaided eye.


Gamma-ray bursts (GRBs) are short flashes of energetic gamma-rays lasting from less than a second to several minutes. They release a tremendous quantity of energy in this short time making them the most powerful events since the Big Bang. It is now widely accepted that the majority of the gamma-ray bursts signal the explosion of very massive, highly evolved stars that collapse into black holes.

Gamma-ray bursts, which are invisible to our eyes, are discovered by telescopes in space. After releasing their intense burst of high-energy radiation, they become detectable for a short while in the optical and in the near-infrared. This 'afterglow' fades very rapidly, making detailed analysis possible for only a few hours after the gamma-ray detection. This analysis is important in particular in order to determine the GRB's distance and, hence, intrinsic brightness.

The gamma-ray burst GRB 080319B was detected by the NASA/STFC/ASI Swift satellite. "It was so bright that it almost blinded the Swift instruments for a while," says Guido Chincarini, Italian principal investigator of the mission. A bright optical counterpart was soon identified in the Boötes Constellation (the "Bear Driver" or "Herdsman"). A host of ground-based telescopes reacted promptly to study this new object in the sky. In particular, the optical emission was detected by a few wide-field cameras on telescopes that constantly monitor a large fraction of the sky, including the TORTORA camera in symbiosis with the 0.6-m REM telescope located at La Silla, able to record the event with unprecedented temporal resolution..

"These very early detections (just seconds after the beginning of the burst) showed the object to be so bright that it would have been visible just with the unaided eye," says Stefano Covino, from the REM team. "It was astonishing to see how rapidly the source varied during the observations," adds Sergey Karpov, of the TORTORA team.

Astronomers use the so-called magnitude scale, an inverse scale where fainter objects have larger magnitudes. In dark sites, the most acute of human eyes can distinguish sources as faint as magnitude 6. GRB 080319B was slightly brighter than this limit, although for just less than a minute.

The 8.2-metre ESO Very Large Telescope also reacted to the gamma-ray burst, thanks to a special procedure known as the rapid-response mode, which allows automatic observations with no human intervention. The high-resolution spectrograph UVES could collect exquisite data starting only 10 minutes after the burst, following requests by Fabrizio Fiore and his team. Another team then used also UVES to determine the distance of the burst.

"Despite its stunning brightness, the burst exploded in a galaxy 7.5 billion light years away," says Paul Vreeswijk, who led the second team. "It was therefore not only apparently bright, but also intrinsically very luminous. Indeed, it reached the brightest optical luminosity ever recorded for any astronomical object. For comparison, should the burst have exploded in our Galaxy, it would have lit up the night sky for several minutes as if it were daytime."

MPG und Pro-Physik:

Verwandter einer Aminosäure im All entdeckt

Mit einer 30-Meter-Antenne in der spanischen Sierra Nevada und zwei Radioteleskop-Netzwerken in Frankreich und Australien haben Forscher des Bonner Max-Planck-Instituts für Radioastronomie erstmals den nahen Verwandten einer Aminosäure aufgespürt: Aminoacetonitril. Das organische Molekül fand sich in der "Heimat der großen Moleküle", einer gigantischen Gaswolke nahe des galaktischen Zentrums im Sternbild Schütze (Astronomy & Astrophysics, im Druck).

Die "Heimat der großen Moleküle" erscheint als sehr dichter, heißer Gasklumpen innerhalb des Sternentstehungsgebiets Sagittarius B2. In diesem Klumpen von gerade einmal 0,3 Lichtjahren Durchmesser, der von einer tief im Innern verborgenen jungen Sonne aufgeheizt wird, fanden sich die meisten der bisher im Weltraum nachgewiesenen organischen Moleküle - darunter so komplexe Verbindungen wie Äthylalkohol, Formaldehyd, Ameisensäure, Essigsäure, Glykolaldehyd und Äthylenglykol.

Sagittarius B2 - Die Heimat der großen Moleküle

Zwar wurden in der Tat eine Reihe von neuen Molekülen in kalten Dunkelwolken gefunden, doch wurden während des letzten Jahrzehnts überraschenderweise immer mehr komplexe Moleküle in unmittelbarer Umgebung extrem leuchtkräftiger, massereicher Protosterne entdeckt. Diese Objekte sind noch tief eingebettet in dichtes, warmes, plazentales Material, welches von ihrer Entstehung übrig geblieben ist. Weshalb kann man dort solche Mengen an komplexen Molekülen beobachten? Man nimmt an, dass chemische Reaktionen in den Eismänteln von Staubkörnern, auf denen auftreffende einfache Moleküle haften bleiben, komplexe Verbindungen mit hoher Effizienz erzeugen. Sobald der Stern zündet, wird das Eis verdampft, und die Moleküle gelangen in die Gasphase.

Eine der prominentesten dieser Molekülquellen befindet sich im Kern der Riesenmolekülwolke Sagittarius B2, in der sich eines der aktivsten Sternentstehungsgebiete unserer Galaxis befindet. Nur 400 Lichtjahre vom galaktischen Zentrum entfernt (Abb. 2), finden sich in einem dichten, über 200 K heißen Kern mehr komplexe Molekülsorten als in jeder anderen bekannten Region. Prof. Lewis Snyder (University of Illinois, ehemaliger  Humboldt-Forschungspreisträger am MPIfR), einer der erfolgreichsten Moleküljäger, hat (voller Stolz auf seine deutschen Ursprünge) diese Quelle "Large Molecule Heimat" (LMH) getauft. Dort wurden neben Alkoholen und Formaldehyd z. B. Ameisensäure, Essigsäure, Azeton, Glykoaldehyd (der einfachste Zucker) und Ethylenglykol entdeckt.

 

Abb. oben: Rechts sehen wir Radiostrahlung der Wellenlänge von 90 cm (330 MHz) aus dem innersten Bereich der Galaxis. Staubemission aus den dichten, heißen Kernen des Sternentstehungsgebiets in der Molekülwolke Sagittarius B2 ist links zu sehen. Diese Karte wurde bei einer Wellenlänge von 0.350 mm (850 GHz, mehr als 2000 mal kürzer als die der Radiokarte) mit dem 10-m-Teleskop des Caltech Submillimeter Observatory auf Mauna Kea, Hawaii, aufgenommen. Die Large Molecule Heimat ist assoziiert mit der nördlichen Quelle (oben im Bild). Längenskalen in Lichtjahren sind durch Balken markiert. Auch wegen seiner Lage am Südhimmel wird das galaktische Zentrum eines der interessantesten Objekte für APEX sein. (M = Main, LJ = Lichtjahr, RA offset (arcsec) = Abstand in Rectaszension in Bogensekunden, DEC offset = Abstand in Deklinatin in Bogensekunden).

Urheber: Max-Planck-Institut für Radioastronomie 

"Seit 2003 analysieren wir den gesamten mit dem 30-m-Teleskop von IRAM (Abb. 1) beobachtbaren Frequenzbereich in systematischer Weise. Bei solchen Durchmusterungen, in denen unsere Gruppe große Erfahrung hat, wird der ganze von einem Empfänger überdeckte Bereich mit gleichmäßigem Rauschpegel beobachtet. Bislang wurde das Intervall von 75 - 110 Gigahertz (2.7 - 4 mm) durchgekämmt. Die Komplettierung bis 116 GHz, der Obergrenze des so genannten "3-Millimeter-Fensters", ist im Gange.

In diesem Bereich haben wir viele Hunderte Spektrallinien entdeckt, wovon ein großer Teil zurzeit noch nicht identifiziert ist (Abb. 3). In einer konzertierten Aktion mit dem Spektroskopielabor der Universität zu Köln versuchen wir, diese "U-Linien" zu identifizieren. Eines der Ziele dabei ist es, neue Spezies wie z.B. Aminoacetonitril (NH2CH2CN, chemisch gesehen eine Vorstufe von Glyzin) aufzuspüren.

Bisher nicht identifizierte Moleküle haben in der Regel eine geringe Häufigkeit und daher nur schwache Spektrallinien. Um eine sichere Identifikation zu gewährleisten ist es also erstens nötig, möglichst viele Linien der Kandidaten-Spezies zu beobachten, wobei deren relative Intensitäten durch eine Temperatur zu beschreiben sein müssen. Zweitens braucht man Labordaten für möglicherweise "kontaminierende" Molekülsorten. Die Entscheidung, welche Spezies berücksichtigt werden müssen, sowie die Durchführung der relevanten Messungen sind schwierige, aber nicht unlösbare, Probleme.

 

Eine riesige organische Molekülwolke um das galaktische Zentrum

In "normalen Molekülwolken" findet man räumlich ausgedehnte Emission praktisch nur bei dem relativ häufigen und leicht zu beobachtenden Molekül Kohlenmonoxid (CO). (Das mit Abstand häufigste Molekül, H2, strahlt unter Normalbedingungen praktisch gar nicht.) Nach vorherrschender Meinung treten komplexe Moleküle nur in dichten, heißen Kernen auf. Entsprechend überrascht waren wir, als wir sehr starke Emission von Methylalkohol (CH3OH) in der gesamten galaktischen Zentrumsregion, in der man CO sieht, beobachten konnten, d.h. insb. im ganzen Bereich der Radioemission (Abb. 2). Das Gas in dieser Region ist mit 200 K viel heißer als in typischen Molekülwolken (20 - 30 K)."

Eine denkbare Ursache der hohen Methanolhäufigkeiten in der Gasphase wäre wiederum die Verdampfung von Eiskornmänteln. Wie solch große Mengen an Methanol und, wie weitere Messungen zeigen, anderen, und sogar komplexeren Molekülen, in Staubkornmänteln angereichert werden können, ist noch ungeklärt, ebenso der hochenergetische Mechanismus, mit dem das Gas großräumig auf die zur Verdampfung nötigen Temperaturen aufgeheizt wird. Durch Wolkenkollisionen erzeugte Schockwellen sind eine Möglichkeit.



Fahndung nach Lebensbausteinen


Von 1965 bis heute wurden mehr als 140 verschiedene Moleküle im Weltall identifiziert, sowohl in interstellaren Wolken als auch in ausgedehnten Hüllen um Sterne. Ein Großteil davon ist organisch, das heißt, auf Kohlenstoffbasis aufgebaut. Besonders intensiv fahnden die Forscher nach sogenannten Biomolekülen - und dabei speziell nach Aminosäuren, den unabdingbaren Bausteinen des Lebens. Aminosäuren ließen sich bereits in Meteoriten auf der Erde nachweisen, nicht aber im interstellaren Raum.

Nach der einfachsten Aminosäure Glycin (NH2CH2COOH) wurde in kosmischen Quellen bereits lange, doch bisher vergeblich gesucht. Angesichts dieser Schwierigkeiten konzentrierte sich die Fahndung auf Aminoacetonitril (NH2CH2CN), einen chemischen Verwandten und möglichen direkten Vorläufer von Glycin.

Ein dichter Wald aus Spektrallinien

So nahmen die Wissenschaftler des Bonner Max-Planck-Instituts für Radioastronomie die "Heimat der großen Moleküle", wie die Quelle unter Fachleuten genannt wird, ins Visier und durchforsteten mit dem IRAM 30-Meter-Teleskop in Spanien einen dichten Wald von 3700 Spektrallinien komplexer Moleküle. Atome und Moleküle leuchten nur bei ganz speziellen Frequenzen, die als charakteristische Linien im Spektrum der Gesamtstrahlung auftreten.

Durch die Analyse solcher Spektrallinien lässt sich aus der Radiostrahlung einer kosmischen Wolke auf deren chemische Zusammensetzung schließen. Je komplexer ein Molekül, desto mehr Möglichkeiten hat es, seine interne Energie abzustrahlen. Deshalb emittieren komplexe Moleküle sehr viele Spektrallinien, die allerdings alle recht schwach sind und sich daher im "Linien-Dschungel" schwer identifizieren lassen. 

Kontrolle mit zwei Netzwerken

"Trotzdem gelang es uns schließlich, 51 sehr schwache Linien eindeutig dem Molekül Aminoacetonitril zuzuordnen", sagt Arnaud Belloche, Max-Planck-Wissenschaftler und Erstautor der Publikation in Astronomy & Astrophysics. Bestätigt wurde das Ergebnis bei zehnfach höherer räumlicher Auflösung durch Beobachtungen mit zwei Radioteleskop-Netzwerken: dem Plateau-de-Bure Interferometer in Frankreich sowie dem Australia Telescope Compact Array. Mit diesen Messungen zeigten die Forscher, dass alle registrierten Linien tatsächlich vom selben Ort innerhalb der "Heimat der großen Moleküle" stammen. Belloche sieht das als "zwingenden Beweis für die Glaubwürdigkeit unserer Identifikation".

"Die Entdeckung von Aminoacetonitril hat unser Verständnis der chemischen Vorgänge in dichten, heißen Sternentstehungsgebieten deutlich erweitert. Ich denke, wir werden in Zukunft viele weitere, noch komplexere organische Moleküle im interstellaren Gas nachweisen können. Mehrere Kandidaten haben wir schon!", sagt Karl Menten, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie und Leiter der Forschungsgruppe "Millimeter- und Submillimeterastronomie"


IRAM, das Institut für Radioastronomie bei Millimeter-Wellenlängen, ist ein deutsch-französisch-spanisches Forschungsinstitut, das ein 30-Meter-Radioteleskop auf dem Pico Veleta in knapp 3000 Meter Höhe in der spanischen Sierra Nevada betreibt, außerdem ein aus sechs Einzelteleskopen bestehendes Radiointerferometer auf dem Plateau de Bure in den französischen Alpen nahe Grenoble. Beide Instrumente kamen bei der Entdeckung von Aminoacetonitril im Weltraum zum Einsatz.

ATCA, das Australia Telescope Compact Array, ist ebenfalls ein Radiointerferometer, bestehend aus sechs Teleskopen, das etwa 25 Kilometer westlich des Ortes Narrabri im australischen Bundesstaat New South Wales zu finden ist. Die Anlage wird von der Australia Telescope National Facility in Sydney betrieben. 

[MPG / HOR/NJN]


Weitere Infos: 

  • Originalveröffentlichung:
    Belloche, K. M. Menten, C. Comito, H. S. P. Müller, P. Schilke, J. Ott, S. Thorwirth, C. Hieret, Detection of amino acetonitrile in Sgr B2(N)
    Astronomy & Astrophysics (im Druck), [DOI 10.1051/0004-6361: 20079203]

aus pro-physik:

Köln (dpa) - In nur 50 Kilometer Entfernung ist die Raumsonde Cassini am Saturnmond Enceladus vorbeigeflogen und hat spektakuläre Bilder zur Erde gesendet. Der im Durchmesser nur 500 Kilometer große Eismond interessiert die Forscher wegen seiner geheimnisvollen, riesigen Fontänen und dem Wasser, das unter seiner Eiskruste existiert. «Ich bin begeistert! Die Daten sehen ganz fantastisch aus», sagte Ralf Jaumann vom Berliner Instituts des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) nach einer Mitteilung vom Freitag. Cassini hatte den Mond am 12. März 2008 passiert und die Daten am 13. März zur Erde gefunkt.

Der Vorbeiflug an dem Saturnmond dauerte nur 100 Sekunden. Dennoch gelangen Cassini den Angaben zufolge Bilder von noch völlig unerforschten Bereichen der nördlichen Halbkugel des Eismondes. Sie zeigen, dass der Mond im Norden nicht so aktiv ist wie im Süden. «Im Norden gibt es vorwiegend ältere Eisflächen, auf denen wir Meteoriteneinschlagkrater finden», erläuterte Jaumann.

Im Süden des Mondes hingegen existieren Fontänen, die bis zu 750 Kilometer ins Weltall reichen - das ist 85 mal so hoch wie der Mount Everest. Warum das Wärmezentrum des Eismondes im Süden liegt, wissen die Forscher nicht. Ebenso unklar ist, woher der Mond seine Energie nimmt, denn er ist fast 1,5 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt. «Wir vermuten, dass die große Gravitationskraft des Riesenplaneten Saturn den Eismond regelrecht durchknetet», sagte Jaumann.

So wie Mond und Sonne durch ihre Schwerkraft die Wassermassen der Ozeane auf der Erde mit in Bewegung setzen, bewegt der Saturn demnach durch seine gewaltige Masse das Wasser im Inneren des relativ nahen Eismondes. Durch diese Bewegung entsteht Reibung, die ein Aufheizen des Mondes zur Folge hat. Allerdings zeigen die bisherigen Modelle über das Innenleben des Eismondes, dass die so entstehende Energie nicht ausreicht, um den Mond derart aufzuheizen.

Weitere Infos:

 

"There are two types of particles coming from Enceladus, one pure water-ice, the other water-ice mixed with other stuff," said Sascha Kempf, deputy principal investigator for Cassini's Cosmic Dust Analyzer at the Max Planck Institute for Nuclear Physics in Heidelberg, Germany. "We think the clean water-ice particles are being bounced off the surface and the dirty water-ice particles are coming from inside the moon. This flyby will show us whether this concept is right or wrong."

Animation

Ergänzung vom 28.3.:

Enceladus hat Wärme, Wasser und organische Chemikalien

Zutaten für Rezept des Lebens auf dem Saturnmond Enceladus entdeckt 

Paris/Washington (dpa) - Der Saturnmond Enceladus enthält drei wichtige Zutaten für die Entstehung von Leben. «Enceladus hat Wärme, Wasser und organische Chemikalien - einige der essenziellen Bausteine für das Leben», sagte Dennis Matson vom Jet Propulsion Laboratory der US-Raumfahrtbehörde NASA in Pasadena (Kalifornien) am Mittwoch (Ortszeit). «Wir haben quasi eine Rezeptur für das Leben in unseren Händen, aber wir müssen jetzt noch die letzte Zutat finden, flüssiges Wasser.» Bislang wurden nur Eis und Wasserdampf direkt nachgewiesen, die Forscher vermuten aber flüssiges Wasser unter der Mondoberfläche. Die europäisch-amerikanische Raumsonde «Cassini» war am 12. März an Enceladus vorbeigeflogen und hat Spektralaufnahmen zur Erde gesendet.

Der Eismond von nur 500 Kilometern Durchmesser interessiert die Forscher schon lange, allein wegen seiner geheimnisvollen, riesigen Eisfontänen. Im Auswurf der Geysire entdeckten die Forscher nun Wasserdampf, Erdgas, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und komplexe Kohlenstoffverbindungen. Die Stoffe aus dem Inneren des Mondes ähnelten denen von Kometen, sagte Hunter Waite vom Southwest Research Institute in San Antonio (Texas).

Mit «Cassini»-Daten haben die NASA und die Europäische Weltraumagentur ESA nun eine neue Wärmekarte des Mondes erstellt. Demnach sind einige «Tigerstreifen» am Südpol des Mondes wärmer als gedacht. Bestimmte Regionen hätten eine Temperatur von minus 93 Grad Celsius, das sei wärmer als bislang gemessen und wesentlich wärmer als andere Regionen auf dem Mond. «Diese überraschend hohen Temperaturen machen es nun eher wahrscheinlich, dass es flüssiges Wasser nicht weit unter der Oberfläche gibt», erläuterte Waites Kollege John Spencer.

Weitere Infos:

«Hubble» findet eine der ersten Galaxien

Garching (dpa) - Mithilfe einer natürlichen Lupe hat das «Hubble»-Weltraumteleskop eine der ersten Galaxien des Universums aufgespürt. In einer Distanz von vermutlich rund 13 Milliarden Lichtjahren ist das Objekt voraussichtlich die fernste Galaxie, die je beobachtet worden ist. Sie entstand nur etwa 700 Millionen Jahre nach dem Urknall zum Ende des sogenannten Dunklen Zeitalters im Kosmos, wie das europäische «Hubble»-Zentrum am Dienstag in Garching bei München mitgeteilt hat.

Das Weltraumteleskop konnte die ferne Sterneninsel nur dank eines Effekts der Allgemeinen Relativitätstheorie beobachten: Der nahe Galaxienhaufen Abell 1689 beugt mit seiner gigantischen Masse das Licht hinter ihm stehender, ferner Himmelsobjekte und vergrößert damit ihre Abbilder wie eine natürliche Lupe. Erst diese so genannte Gravitationslinse rückte die Ur-Galaxie ins «Hubble»-Blickfeld. Das Infrarot-Weltraumteleskop «Spitzer» lieferte zudem starke Hinweise für ein Aufflammen zahlloser neuer Sterne in der jungen Galaxie, die nur ein Bruchteil der Masse unserer Milchstraße hat.

Wegen der enormen Entfernung bedeutet die Beobachtung auch einen weiten Blick zurück in der Zeit. Die ferne Sterneninsel gehörte demnach vermutlich zu jenen ersten Galaxien, mit denen das sternenlose Dunkle Zeitalter nach der Geburt des Universums zuende ging. Nachdem das heiße Gas aus dem Urknall weit genug abgekühlt war, herrschte nach Vorstellung der Kosmologen einige hundert Millionen Jahre lang absolute Finsternis im Weltall. Dichte Wasserstoff- und Heliumschwaden waberten währenddessen durch das dunkle Universum. Aus ihnen ballten sich schließlich die ersten Sterne zusammen, fegten mit ihrer Strahlung die Nebelschwaden beiseite und beendeten die Dunkelheit.

Weitere Infos:

Informationen zum Bild (siehe oben, vergrößern durch anklicken)

A massive cluster of yellowish galaxies is seemingly caught in a spider’s web of eerily distorted background galaxies in the left-hand image, taken with the Advanced Camera for Surveys (ACS) aboard NASA/ESA Hubble Space Telescope.

The gravity of the cluster's trillion stars acts as a cosmic "zoom lens", bending and magnifying the light of the galaxies located far behind it, a technique called gravitational lensing. The faraway galaxies appear in the Hubble image as arc-shaped objects around the cluster, named Abell 1689. The increased magnification allows astronomers to study remote galaxies in greater detail.

One galaxy is so far away, however, it does not show up in the visible-light image taken with ACS (top, right), because its light is stretched to invisible infrared wavelengths by the Universe's expansion.

Astronomers used Hubble's Near Infrared Camera and Multi-Object Spectrometer (NICMOS) and NASA's Spitzer Space Telescope with its Infrared Array Camera (IRAC) - with help from the gravitational lensing cluster - to see the faraway galaxy.

The distant galaxy, dubbed A1689-zD1, appears as a greyish-white smudge in the close-up view taken with Hubble's NICMOS (centre, right), and as a whitish blob in the Spitzer IRAC close-up view (bottom, right). The galaxy is brimming with star birth. Hubble and Spitzer worked together to show that it is one of the youngest galaxies ever discovered. Astronomers estimate that the galaxy is 13 billion light-years away. Abell 1689 is 2.2 billion light-years away.

A1689-zD1 was born during the middle of the "dark ages", a period in the early universe when the first stars and galaxies were just beginning to burst to life. The dark ages lasted from about 400,000 to roughly a billion years after the Big Bang. Astronomers think that A1689-zD1 was one of the galaxies that helped end the dark ages.

The ACS images were taken in 2002, the NICMOS images in 2005 and 2007, and the Spitzer IRAC images in 2006.

 

Credit: NASA; ESA; L. Bradley (Johns Hopkins University); R. Bouwens (University of California, Santa Cruz); H. Ford (Johns Hopkins University); and G. Illingworth (University of California, Santa Cruz)