Im zweiten Teil wird konkret auf die Veränderungen unserer Lebensbedingungen in dne nächsten Jahrzehnten eingegangen.

 

 

UN-Klimabericht - zweiter Teil

Die Folgen des Klimawandels

 

Hamburg (dpa) - Der vom Menschen verstärkte Treibhauseffekt heizt die Atmosphäre auf und greift damit in viele Bereiche des Lebens ein. Die erwarteten Folgen für den Menschen dokumentiert der zweite Teil des insgesamt vierten UN-Klimareportes, der am Freitag in Brüssel vorgestellt wurde:

 

In AFRIKA werden wegen des Klimawandels bis 2020 zwischen 75 Millionen und 250 Millionen Menschen an Wassermangel leiden, der auch die Versorgung mit Lebensmitteln beeinträchtigt. In einigen Regionen könnten sich die auf Regen basierenden Erträge bis 2020 bis zur Hälfte verringern. Der Klimawandel verringert zudem die landwirtschaftlich nutzbare Fläche. Der Anstieg des Meeresspiegels bedroht zahlreiche Städte. Die weitere Zerstörung von Mangrovengürteln und Korallenriffen wird sowohl für die Fischerei als auch für den Fremdenverkehr negative Folgen haben. Die Forscher erwarten zudem einen Rückgang des Fischfangs in den großen Seen.

In ASIEN wird die Gletscherschmelze im Himalaya-Gebiet Überschwemmungen und Bergstürze zur Folge haben. Die Menschen im Bereich der großen Flussdeltas in Süd-, Ost- und Südostasien werden Probleme mit der Süßwasserversorgung bekommen. Bis 2050 könnten mehr als eine Milliarde Menschen betroffen sein. Probleme bringt auch der steigende Meeresspiegel. Der Bericht erwartet Krankheits- und Todesfälle durch mehr Fluten. Die Probleme mit der Cholera in Südasien werden zunehmen.

Die Probleme der Wasserversorgung werden sich bis 2030 in großen Teilen AUSTRALIENS deutlich verstärken. In vielen zum Weltnaturerbe zählenden Ökosystemen wird es schon bis 2020 wahrscheinlich zu einem Artensterben kommen - unter anderem im Great Barrier Reef, dem größten Korallenriff der Welt. Bei einem leichten Temperaturzuwachs werden Neuseeland und einige Teile Südaustraliens wahrscheinlich längere Vegetationsperioden, ein geringeres Frostrisiko und einen geringeren Energiebedarf im Winter bekommen. Die Region hat laut dem Bericht vergleichweise gute Möglichkeiten, sich anzupassen.

Der Klimawandel bringt EUROPA im Süden sehr wahrscheinlich ein höheres Gesundheitsrisiko durch Hitzewellen, mehr Flächenbrände und eine Gefährdung der Ernteerträge. Im Norden des Kontinents wird es wahrscheinlich zu einigen Vorteilen in Gestalt verringerter Kälteperioden und größerer Erträge kommen. Die weiter steigenden Temperaturen werden diese Vorteile jedoch aufwiegen. In einigen Regionen könnten bis zum Jahr 2080 bis zu 60 Prozent der Arten aussterben.

LATEINAMERIKA wird im östlichen Amazonien bis zur Mitte des Jahrhunderts tropische Urwälder verlieren, die zu Savannen werden. Das Aussterben zahlreicher Arten ist wahrscheinlich. In trockeneren Gebieten werden Versalzung und Versteppung des Ackerbodens erwartet. In den gemäßigten Zonen wird hingegen der Ertrag von Soja steigen. Die Verbreitungsgebiete der südostpazifischen Fischbestände werden sich verschieben. Die Verfügbarkeit von Süßwasser wird sich verringern.

Für NORDAMERIKA erwarten die Forscher in den westlichen Gebirgen einen Rückgang der Schneedecke. Schädlingsbefall, Krankheiten und Brände werden sich wahrscheinlich vermehrt auf die Wälder auswirken. Bereits jetzt von Hitze betroffene Städte werden viel mehr Hitzewellen bekommen, was besonders die wachsende Gruppe älterer Menschen gefährde. Die aktuelle Anpassung ist dem Bericht zufolge unzureichend, die Vorbereitung auf eine wachsende Bedrohung gering. Je nach Region kann es durch den Klimawandel zunächst zu einer Steigerung der Erträge zwischen 5 und 20 Prozent kommen.

In den POLARREGIONEN werden eine Abnahme von Dicke und Ausdehnung der Gletscher und Eisfelder vorhergesagt. Auch das Meereis und die Permafrosböden schrumpfen - mit schädlichen Folgen für wandernde Vogelarten, viele Säuge- und Raubtiere. Für die Menschen in der Region kommt es zu positiven als auch zu negativen Auswirkungen auf Infrastruktur und den Verkehr. Zu den Vorteilen zählen kürzere Seefahrtsrouten und geringere Heizkosten. In beiden Polarregionen steigt die Gefahr, dass fremde Arten einwandern. Um die Lebensweise der Menschen zu bewahren sind «substanzielle» Hilfen nötig.

Die kleinen INSELN werden durch den Anstieg des Meeresspiegels, Stürme und Erosion bedroht. Die Süßwasserreserven auf den kleinen Eilanden sind wahrscheinlich ernsthaft gefährdet und können den Bedarf des Menschen in Zeiten geringen Regens nicht mehr decken. Auch hier werden fremde Arten einwandern. Die Zerstörung von Stränden und das Bleichen der Korallen werde die Inseln zudem für Touristen unattraktiver machen.

Weitere Infos:

 

Zusammenfassung des Reports: 

http://www.ipcc.ch/SPM6avr07.pdf

 

 

UN-Klimabericht - zweiter Teil

 

Brüssel/Berlin (dpa) - Der Klimawandel bedroht die Lebensgrundlagen von Milliarden von Menschen. Treffen werde er vor allem die Ärmsten und Schwächsten, heißt es in der bislang dramatischsten Warnung der Vereinten Nationen vor den Folgen der Erderwärmung. Fachleute aus 130 Ländern hatten den alarmierenden zweiten Teil des UN-Klimaberichts am Freitag in Brüssel nach zermürbendem und zum Teil nächtelangem Ringen verabschiedet. Der Vorsitzende des Weltklimarats (IPCC), Rajendra K. Pachauri, warnte vor Ernteeinbrüchen, Überschwemmungen und Artensterben. Auch für Deutschland und Europa werden große Schäden erwartet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte schnelles und entschiedenes Handeln der internationalen Gemeinschaft, um den Temperaturanstieg zu begrenzen.

 

Der stellvertretende Versammlungsleiter in Brüssel, Martin Parry, sagte, «die Folgen werden alle Kontinente zu spüren bekommen». Allein in den Mündungsdeltas asiatischer Flüsse - wie in Bangladesch - werde der Anstieg des Meeresspiegels eine Milliarden-Bevölkerung treffen. Kleine Inseln und ganze Landstriche könnten von der Landkarte verschwinden. Mindestens ein Fünftel aller Tier- und Pflanzenarten sind den Forschern zufolge vom Aussterben bedroht. Besonders gefährdet seien die Mittelmeerregion, die Pole und Gebiete südlich der Sahara.

 

Für Deutschland erwartet Prof. Wolfgang Cramer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, dass Krankheiten wie von Zecken ausgelöste Hirnhautentzündungen zunehmen. Ostdeutschland müsse sich auf trockenere Sommer und mehr Niederschläge im Winter einstellen. «Das heißt, Dürre und Hochwasserrisiko am selben Ort im selben Jahr», sagte Cramer, der an den Beratungen teilnahm und am Report mitgearbeitet hatte. Dies werde sich auch negativ auf Land- und Forstwirtschaft auswirken. Der Anstieg des Meeresspiegels gefährde Menschen an den Küsten.

 

Regierungsvertreter und Wissenschaftler hatten seit Montag in Brüssel darum gerungen, wie die auf rund 1500 Seiten dargelegten wissenschaftlichen Klima-Erkenntnisse auf eine etwa 20-seitige «Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger» verkürzt werden können. Der Report soll die Auswirkungen des Klimawandels auf die einzelnen Regionen der Erde zeigen. Dabei schwächten mehrere Staaten - wie die großen Luftverschmutzer USA, Russland und China sowie Saudi-Arabien - den Bericht nach Angaben von Verhandlungsteilnehmern ab. Pachauri sprach dennoch von einem «guten Ergebnis».

 

«Fluten, Wirbelstürme, Dürre- und Hitzeperioden werden immer mehr Menschen gefährden», sagte Parry. Ohnehin schon wasserarme Regionen in Afrika könnten vollends verdorren. «Auch Unterernährung wird zu einem immer größeren Problem.» Letztlich müssten sich Milliarden von Menschen neue Lebensräume suchen. Arme Länder seien vom Klimawandel besonders betroffen, da sich die Menschen dort gegen die Folgen nicht schützen könnten. Die reicheren Staaten müssten diesen Menschen helfen, sagte Parry. Zudem müsse der Ausstoß klimaschädlicher Emissionen drastisch reduziert werden.

 

«Der Bericht ist ein klares Signal an die Politik, zu handeln», sagte der Geschäftsführer des UN-Klimasekretariats (UNFCCC), Yvo de Boer. Die Regierungschefs müssten sich auf verbindliche Vorgaben zum Klimaschutz einigen und nun ein Nachfolge-Abkommen für das Kyoto- Protokoll verabschieden. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte: «In diesem Jahr müssen wir entscheidende Weichen für ein multilaterales Klimaschutzregime für die Zeit nach 2012 stellen, um eine globale Erwärmung um mehr als zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten zu verhindern.»

 

Die Umweltorganisation Greenpeace forderte, Merkel solle die Bevorzugung klimaschädlicher Braunkohle beim Handel mit Verschmutzungsrechten sofort beenden. Das G8-Treffen im Juni solle zu einem «Klimakrisengipfel» umgewandelt werden. «Dieser Report zeigt, dass uns einfach die Zeit davonläuft», betonte Greenpeace International.

 

Stephan Singer, Klimaexperte der Umweltstiftung WWF Europa, sagte, die Auswirkungen des Klimawandels seien viel drastischer als vor einigen Jahren erwartet. «Die weltweite Landkarte muss umgezeichnet werden.» Eine Erwärmung um ein bis zwei Grad führe zu einem Meeresspiegelanstieg um vier bis sechs Meter. «Dann sind Städte wie New York, Amsterdam und Tokio dem Untergang geweiht.» Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rechnet mit gesundheitlichen Klimawandelfolgen für Millionen Menschen weltweit.

 

Der dritte Teil des UN-Klimaberichts, der sich mit möglichen Gegenmaßnahmen befasst, wird im Mai in Bangkok veröffentlicht. Danach wird das Thema Klima beim Treffen der sieben reichsten Industrieländer und Russlands (G8) im Ostseebad Heiligendamm im Juni wieder auf der Tagesordnung stehen.

 

Hintergrund - Deutsche Forscher beim zweiten Teil des UN-Klimareports

 

An dem neuen Klimareport der Vereinten Nationen haben mehr als 2500 Experten mitgearbeitet. Der Bericht wurde innerhalb von sechs Jahren erstellt. Zu den führenden Autoren des zweiten Teils gehören auch einige deutsche Forscher:

 

Prof. Annette Menzel von Technischen Universität München untersucht die Auswirkungen des Klimawandels auf Lebewesen. Die Ökoklimatologin forscht unter anderem an zeitlichen Veränderungen der Vegetationsperioden und ihren Zusammenhang mit Klimaänderungen.

Monika Zurek von der Welternährungsorganisation (FAO) hat die Auswirkungen des Klimawandels auf die Lebensmittelproduktion betrachtet.

Hans-Martin Füssel ist Wissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Er arbeitet unter anderem über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit des Menschen und an der Optimierung in der Abschätzung der Klimafolgen.

Prof. Petra Döll forscht am Institut für Physische Geographie der Universität Frankfurt. Ihre Gebiete sind die Grundwasservorkommen, die Wassernutzung und die Wasserqualität.

Prof. Wolfgang Cramer ist der Abteilungsleiter Globaler Wandel und Natürliche Systeme am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Er hat rund 100 Fachartikel oder Buchkapitel geschrieben und untersucht die Reaktion von Ökosystemen auf den Klimawandel.

Bettina Menne arbeitet bei der Weltgesundheitsorganisation in Rom. Sie untersucht die Auswirkungen etwa von Hitze- oder Kältewellen auf die Gesundheit der Menschen.

Prof. Joseph Alcamo leitet das Wissenschaftliche Zentrum für Umweltsystemforschung an der Universität Kassel. Dieses fachübergreifende Zentrum beschäftigt sich unter anderem mit der Verfügbarkeit und Nutzung von Trinkwasser weltweit, der Veränderung von Landnutzung und der Auswirkung von Lebensstilen in Industrieländern auf die natürlichen Ressourcen.

Weitere Infos:

 

Weltklimarat (IPCC):

http://www.ipcc.ch

 

Weitere Infos auf unserer Homepage:

 

Zusammenfassung von Teil 1 des Klimareports: hier klicken!

 

Reader zu Klimafragen: Hier klicken!