Tesafilm als Röntgengerät

Tribolumineszenz nennt man eine mechanisch hervorgerufene Leuchterscheinung. Wer dies beobachten will, sollte in einem dunklen Raum ein Tesaband von der Rolle abziehen oder einen Klebeverschluß eines Briefumschlags öffnen oder an einem Würfelzucker kratzen…

Seth Putterman von der University of California hat das Abziehen eines Klebebandes unter kontrollierten Bedingungen untersucht.

In einem,  einem Tonbandgerät vergleichbarem Apparat  wurde das Band mit einer konstanten Geschwindigkeit von 3 cm/s von der Rolle abgezogen und auf einen elektrisch angetriebenen Zylinder aufgewickelt. Dabei wurde die zum Abwickeln nötige Kraft ebenso gemessen wie die auftretende Lumineszenz. Der ganze Apparat konnte in eine Vakuumkammer gebracht werden, die mit einem Fenster ausgestattet war, durch das sich die Lumineszenz beobachtet ließ.

Unter normalem Luftdruck trat an der Stelle, wo sich das Band von der Unterlage löste, ein helles bläuliches Leuchten auf. Das Spektrum des emittierten Lichtes zeigte deutlich mehrere Emissionslinien des Stickstoffs, die durhc eine Gasentladung entstanden sein dürften. Zudem traten auch energiereiche Elektronen auf, die anhand der von ihnen auf einem Phosphorschirm verursachten Szintillation nachgewiesen wurden. Bei einem stark verringerten Druck von 1Mille- Torr verbreiterte sich das Spektrum und die Stickstofflinien verschwanden. Zugleich trat Röntgenstrahlung mit Photonenenergien von bis zu 100 keV auf.

Die Röntgenphotonen entstanden nicht gleichförmig sondern stoßweise, und zwar dann, wenn die zum Abwickeln nötige Kraft plötzlich und vorübergehend nachließ. In solchen Momenten wurde angesammelte mechanische Energie ruckartig frei. Doch wie konnte sich diese Energie in Röntgenstrahlung umwandeln? Die Forscher machen dafür eine Ladungstrennung beim Abziehen  des Klebebandes verantwortlich, die dann auftritt, wenn. die klebrige Unterseite des Bandes sich von der darunter liegenden, glatten Bandoberseite trennt. Die klebrige Seite lädt sich positiv auf und die glatte Seite negativ. Es entsteht eine elektrische Spannung, in der es zur Gasentladung und damit zum sichtbaren Leuchten kommt.

Wenn sich nun das Klebeband ruckartig von der Unterlage löst, treten besodners hohe Spannungen zwischen der Ober- und der Unterseite des Bandes auf. Bei sehr kleinem Gasdruck, also im Vakuum,  können diese Spannungen Elektronen zu so hohen Energien beschleunigen, dass sie beim Auftreffen auf die positiv geladene Seite des Bandes Bremsstrahlung in Form von Röntgenstrahlung abgeben. Eine solche Röntgenstrahlung entsteht immer, wenn schnelle elektrische Ladungen in der Nähe von Atomen abgebremst werden. Die im Experiment auftretende Strahlung war so intensiv, dass die Forscher mit ihr bei 20 s Belichtungsdauer einen Finger röntgen konnten. Das Klebeband ließe sich damit als einfache Röntgenquelle nutzen. Da die Röntgenstrahlung nur im Vakuum auftritt, kann man Klebebänder auch weiterhin kraftvoll von der Rolle abziehen, ohne dabei Röntgenstrahlung zu erzeugen. Es entstehen hier zwar auch die hohen Spannungen, aber wegen der dichten Luft zwischen Band und Rolle können Ladungen nicht auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden…es kommt nur zur Gasentladung wie in einer Leuchtstoffröhre.

Klebeband als Röntgenquelle