Inzwischen stellen sich die Arbeiten am Kühlsystem als so komplex heraus, dass mit einer halbjährigen Abschaltung gerechnet werden muss.

 

dpa - Meldung vom 20.9.:

Genf (dpa) - Nach einer Panne am Kühlsystem ist der Teilchenbeschleuniger LHC bei Genf wieder abgeschaltet worden. Die Arbeiten zur Behebung des Schadens sollen zwei Monate dauern, teilte das Europäische Kernforschungszentrum CERN am Samstag mit. Die weltgrößte Forschungsmaschine, die erst am 10. September in Betrieb gegangen war, war bereits am vergangenen Wochenende vorübergehend abgeschaltet worden. Sie hatte am Freitag den Betrieb wieder aufgenommen. Dabei war erneut ein Strahl schneller Atomkerne durch den 27 Kilometer langen unterirdischen Beschleunigerring geschickt worden.

Dann habe Starkstrom aber wohl eine Elektroverbindung zwischen zwei Magneten durchgeschmort, berichtete das Forschungszentrum. Dabei sei als Kühlmittel verwendetes Helium entwichen. Nun müsse der entsprechende Sektor - einer von acht - erst einmal für eine Reparatur erwärmt werden, was insgesamt bis zur Wiederinbetriebnahme zwei Monate in Anspruch nehmen dürfte. Im Betriebszustand werden die starken Magneten des Beschleunigers auf minus 271,3 Grad Celsius tiefgekühlt, damit sie den erforderlichen extrem starken Strom vertragen.

Im «Large Hadron Collider» (LHC) werden Atomkerne nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und mit Magnetfeldern, die 100 000 Mal stärker sind als das irdische, auf eine Kreisbahn gezwungen. Bei gezielten Zusammenstößen der energiereichen Kerne wollen die Physiker mit haushohen Nachweisgeräten unter anderem erkunden, was kurz nach dem Urknall geschah, woraus die rätselhafte Dunkle Materie besteht und warum Materie überhaupt eine Masse besitzt. Nach Angaben des CERN ist der LHC die größte Maschine, die Menschen je gebaut haben. Die Versuche gelten mit als die schwierigsten, die Menschen je unternommen haben.

Nach 25- jähriger Planungs- und Bauzeit ist das "größte Experiment" der Menschheit an den Start gegangen.

Kollisionen von Protonen oder Bleiatomkernen untereinander erzeugen in winzigen Raumbereichen Zustände, wie sie eine Zehnbillionstel Sekunde nach dem Urknall vorgelegen haben.

Wird in den nächsten Jahren das Higgs-Teilchen gefunden, das zu dem Higgs-Feld gehört, durch das sich alle Elementarteilchen bewegen müssen und durch den Widerstand die Eigenschaft bekommen, die wir als Masse bezeichnen?

Werden die supersymmetrischen Teilchen gefunden und damit Theorien der Physiker bestätigt?

Gibt es höhere Dimensionen, die dafür sorgen, dass die Gravitation in unserem Raum so schwach ist? Dann könnte die Gravitation bei extrem kurzen Abstaänden so groß sein, dass Mini-Schwarze Löcher erzeugt werden, die allerdings ungefährlich sind, da sie in extrem kurzer Zeit wieder zerfallen müssten.

Kann das Innere der Protonen und Neutronen als Quark-Gluonen-Plasma freigelegt werden?

Werden die Bestandteile der Dunklen Materie gefunden?

Wer diese Fragen in das Modell der Elementarteilchen einordnen möchte, kann an usnerem Kursus über Elementarteilchenphysik ab dem 24.10. teilnehmen!

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KET: Komitee für Elementarteilchenphysik

Die Erde wird nicht durch Schwarze Löcher verschlungen

Stellungnahme des KET zu den Behauptungen von Prof. Otto Rössler

In letzter Zeit sind in der Öffentlichkeit Befürchtungen laut geworden, dass mit der

Inbetriebnahme des Large Hadron Colliders (LHC) am Europäischen Zentrum für

Teilchenphysik (CERN) in Genf die Erde durch Schwarze Löcher verschlungen wird. Diese

Befürchtungen werden insbesondere durch Behauptungen von Prof. Dr. Otto E. Rössler, einem

Chemiker der Universität Tübingen, genährt. Seine Behauptungen beruhen jedoch auf falschen

und widerlegten Annahmen.

Von den Ergebnissen am LHC werden neue Einsichten in die grundlegenden Kräfte in der Natur,

ihrer elementaren Teilchen und auch in die Entwicklung unseres Universums nach einem

winzigen Bruchteil seiner ersten Sekunde erwartet. Es gibt eine Vielzahl von Spekulationen, was

am LHC entdeckt werden wird. Eine davon sind Mini Schwarzen Löcher, die durch die

Superstring – Theorie motiviert sind. Die Eigenschaften dieser Schwarzen Löcher am LHC haben

aber wenig mit denen der kosmischen Schwarzen Löcher gemeinsam. Falls, entgegen den

Erwartungen vieler Physiker, diese Phänomene am LHC nachgewiesen würden, würden

faszinierende Einsichten in die Fragen gewonnen werden, was Raum und Zeit sind. Unter keinen

Umständen aber würde eine Gefahr von ihnen ausgehen. Dies ist in zahlreiche Untersuchungen

unabhängiger Experten nachgewiesen worden ist.

Um die zum Teil in Öffentlichkeit erweckten falschen Eindrücke zu korrigieren, möchten wir auf

grundlegende Probleme in der Argumentation von Rössler eingehen. Wir verweisen außerdem

auf ausführlichere Untersuchungen.

Rössler interpretiert die Allgemeine Relativitätstheorie falsch

Nach Stellungnahmen von internationalen Experten auf dem Gebiet von Albert Einsteins

Allgemeiner Relativitätstheorie, wie Prof. Dr. Hermann Nicolai, Direktor am Max-Planck-Institut

für Gravitationsphysik, beruhen Rösslers Behauptungen auf grundlegenden Missverständnissen

der Einsteinschen Theorie. Rössler benutzt zwar Formeln der Allgemeinen Relativitätstheorie,

aber wendet sie so an, dass sie im Widerspruch zu experimentellen Ergebnissen stehen. Zum Teil

sind seine Interpretationen schon 1915 durch experimentelle Untersuchungen widerlegt worden.

Rösslers Arbeiten zu Schwarzen Löchern sind in keiner seriösen wissenschaftlichen Zeitschrift

veröffentlicht worden.

Rössler negiert die Grundlagen der Physik

Die Schwarzen Löcher am LHC, über die spekuliert wird, unterscheiden sich in wesentlichen

Punkten von den kosmischen Schwarzen Löchern. Letztere sind mindestens mehrere

Sonnenmassen schwer, die Schwarzen Löcher am LHC hingegen wären leichter als ein

Milliardstel eines Milliardstel Gramms. Aus den Grundlagen der heutigen Physik hat Steven

Hawking gefolgert, dass diese ‚Mini Schwarzen Löcher’ innerhalb kürzester Zeit zerstrahlen

sollten (Hawking-Strahlung).

Rössler negiert dies und folgert aus seinem falschen Verständnis der Allgemeinen

Relativitätstheorie, dass die Hawking-Strahlung nicht existiert. Damit widerspricht er sich

allerdings selber, denn aus seinen Annahmen folgt auch, dass überhaupt keine Schwarzen Löcher

produziert werden können.

Experimente und Beobachtungen zeigen: Der LHC ist sicher

Um ein mögliches Gefährdungspotential des LHC abzuschätzen, gehen unabhängige

Untersuchungen aber noch weiter und vermeiden selbst gut fundierte theoretische Annahmen, für

die es keinen experimentellen Nachweis gibt, wie z.B. die Hawking Strahlung. Stattdessen wird

benutzt, dass die Prozesse am LHC sich milliardenfach im Weltall abspielen. Wir wissen z.B.,

dass in jeder Sekunde ungefähr 100000 Protonen der LHC-Energie (und höher) als Teil der

natürlichen kosmischen Strahlung auf die Erde einfallen und ‚Mini Schwarze Löcher’

produzieren könnten. Wären diese Mini Schwarzen Löcher gefährlich, würde die Erde eventuell

gar nicht mehr existieren. Viel öfter trifft die kosmische Strahlung auf die Sonne und andere

größere Himmelskörper. Aus den kosmischen Beobachtungen folgt, dass von den eventuell am

LHC produzierten Schwarzen Löchern keine Gefahr ausgeht.

Zu diesen allgemeinen Untersuchungen vermeidet Rössler eine Stellungnahme.

Zusammenfassung

Die Behauptungen von Herrn Rössler halten einer genauen Untersuchung nicht stand und

beruhen auf falschen, widerlegten Annahmen. Falls die spekulativen Mini Schwarzen Löcher am

LHC produziert werden, bedeuten sie auf keinen Fall eine Gefährdung unserer Existenz. Dieses

Ergebnis wird nicht nur durch die äußerst gut getesteten physikalischen Theorien unterstützt,

sondern durch simple kosmische Beobachtungen. Vielmehr können wir durch den LHC einen

großen Schritt in der Erkenntnis erwarten, wie die Natur aufgebaut ist und wie sich das

Universum entwickelt hat.

 

 

Pressemeldung der dpa in deutsch:

Die größte Forschungsmaschine der Welt ist erfolgreich in Betrieb gegangen. Die Physiker am Europäischen Zentrum für Teilchenphysik CERN bei Genf schickten am Vormittag des 10. September 2008 den ersten Strahl aus Atomkernen durch den kompletten 27 Kilometer langen Ringtunnel des Teilchenbeschleunigers LHC. Künftig sollen fast lichtschnelle Atomkerne in der Anlage kontrolliert zusammenstoßen, um Aufschluss über die Geheimnisse des Urknalls, des geheimnisvollen dunklen Teils des Universums und der Materie zu geben. Die Vorbereitungen für den LHC laufen seit 25 Jahren.

«Das ist ein historischer Moment», sagte der designierte CERN-Generaldirektor Prof. Rolf-Dieter Heuer. «Ich bin schlichtweg begeistert.» Die rund drei Milliarden Euro teure Maschine der Superlative war Schritt für Schritt in Betrieb genommen worden, der Atomkernstrahl wurde jeweils um einen Achtelkreis weitergeleitet.

Die Physiker im CERN-Kontrollraum feierten jeden erfolgreichen Schritt mit großem Applaus. Als der Strahl einen Vollkreis umrundet hatte, brach wie bei einem Raketenstart spontaner Jubel aus.

Mit ersten Ergebnissen der gigantischen Wissenschaftsmaschine ist frühestens im nächsten Jahr zu rechnen. Der Teilchenbeschleuniger verläuft 100 Meter unter der Erde im Grenzgebiet Frankreichs und der Schweiz. Auch viele Deutsche sind an den Forschungen dort beteiligt.

Der «Large Hadron Collider» (großer Hadronen-Speicherring) war seit 1983 geplant und gebaut worden. Mit dem Rieseninstrument wollen die Physiker unter anderem untersuchen, was beim Urknall geschah, woraus die Dunkle Materie besteht, die im Universum rund vier Mal häufiger ist als die uns vertraute gewöhnliche Materie, und woher Teilchen ihre Masse beziehen. Forscher halten es für ausgeschlossen, dass die Anlage Schwarze Löcher erzeugen könnte, die die Erde verschlucken. Entsprechende Befürchtungen nannten sie «absurd».

Pressemeldung in Englisch:

Geneva, 10 September 2008. The first beam in the Large Hadron Collider at CERN1 was successfully steered around the full 27 kilometres of the world’s most powerful particle accelerator at 10h28 this morning. This historic event marks a key moment in the transition from over two decades of preparation to a new era of scientific discovery.

“It’s a fantastic moment,” said LHC project leader Lyn Evans, “we can now look forward to a new era of understanding about the origins and evolution of the universe.”

Starting up a major new particle accelerator takes much more than flipping a switch. Thousands of individual elements have to work in harmony, timings have to be synchronized to under a billionth of a second, and beams finer than a human hair have to be brought into head-on collision. Today’s success puts a tick next to the first of those steps, and over the next few weeks, as the LHC’s operators gain experience and confidence with the new machine, the machine’s acceleration systems will be brought into play, and the beams will be brought into collision to allow the research programme to begin.

Once colliding beams have been established, there will be a period of measurement and calibration for the LHC’s four major experiments, and new results could start to appear in around a year. Experiments at the LHC will allow physicists to complete a journey that started with Newton's description of gravity. Gravity acts on mass, but so far science is unable to explain the mechanism that generates mass. Experiments at the LHC will provide the answer. LHC experiments will also try to probe the mysterious dark matter of the universe – visible matter seems to account for just 5% of what must exist, while about a quarter is believed to be dark matter. They will investigate the reason for nature's preference for matter over antimatter, and they will probe matter as it existed at the very beginning of time.

 

“The LHC is a discovery machine,” said CERN Director General Robert Aymar, “its research programme has the potential to change our view of the Universe profoundly, continuing a tradition of human curiosity that’s as old as mankind itself.”